Cash Truck

Cash Truck

Von Shamway

Guy Ritchie macht wirklich gute Gangsterfilme, auch Jahrzehnte nach LOCK, STOCK AND A SMOKING BARREL und SNATCH. Oder jedenfalls gelang ihm damit 2019 eine Revitalisierung mit THE GENTLEMEN. Seine Stärke sind Rückblenden, inspirierte Dialoge, das neue Zusammensetzen von Realitäten und idiotische Hirngespinste von durchgeknallten Verbrechern. Eine Riesenladung dieser Guy-Ritchie-Eigenschaften besaßen ja auch die Kinoinszenierungen für SHERLOCK HOLMES, darum waren sie auch nicht schlecht.

Warum sich also nicht auf eine (neuerliche) Zusammenarbeit von Ritchie mit Jason Statham freuen. Die beiden Brits verlassen allerdings für den vorliegenden Film das heimatliche Königreich und lassen es in einem sehr straighten Actionfilm in L.A. krachen. Mit einer sehr simplen Story, basierend auf dem französischen Film CASH TRUCK von 2004. Ritchie belässt die Story auch beinahe so geradeaus und benutzt nur wenige Verritchiefizierungen, nur manchmal Rückblenden, Perspektivenwechsel und Zwischenschnitte. Für seine Verhältnisse sehr dezent, und das ist denn auch die Schwäche des Films: Es ist ein Actionfilm wie jeder andere, und nicht unbedingt einer der besseren.

Ein mysteriöser Typ, der einfach H genannt wird (Jason Statham), bewirbt sich mit besten Referenzen bei der Geldtransportfirma Fortis, die gerade etwas Probleme mit bewaffneten Überfällen auf ihre gepanzerten Lieferwagen hat. Vor kurzem wurden gar zwei Mitarbeiter und eine unbeteiligte Person regelrecht hingerichtet.

H gerät gleich bei seinem ersten Einsatz in einen Überfall und stellt sich als Held heraus, weil er einfach gnadenlos sechs Gangster abknallt. Kill for good – so sind eben die Regeln des Actionfilms. Und auch sonst handelt H gnadenlos, konfrontiert eine Mitarbeiterin nach dem Sex mit ihren internen Geldabzwackereien, indem er auf sie schießt, oder er lässt im Umgang mit alteingesessenen Mitarbeitern keine Provokation aus, um sie aus dem Busch zu locken. Ein sturer und super-rechtschaffener Bock von einem Helden.

Genauso stur agiert Darsteller Jason Statham: Er hat nur den einen Gesichtsausdruck, und den zieht er durch. Verglichen mit seiner Schauspielkunst käme ein Dwayne Johnson einem Method Actor gleich (und plötzlich schätzt man Liam Neeson als Actionstar wieder). Jedenfalls hätte beinahe jeder Schauspieler einiges mehr herausgeholt aus der Rolle eines leidenden Vaters, dessen Sohn erschossen wurde. Aber ist nicht seit den 1980er Jahren der roboterartige, redeungewandte Mann, der hinter seinem trainierten Panzerkörper ein Herz für das Rechtschaffene versteckt, ein nicht wegzudenkender Heldentypus des Genres (Stallone, Seagal & Co.)?

Auch inhaltlich hält sich Ritchie leider nicht mit allzu großen Sprüngen auf. Dass Afghanistankämpfer nicht nur traumatisiert zurückkehren, sondern dass es auch frustrierte Kämpfer ohne Job oder Sinn gibt, wissen wir bereits aus vielen anderen Filmen. Eigentlich eine schlechte Eigenschaft, Soldaten, die tatsächlich in einem Krieg gedient haben, als Verbrecher zu diffamieren. Anyway, die hier sind vor allem geldgierig und stehen vor dem „letzten Job“: Der Job, der alle so reich macht, dass sie einen vergnügten Lebensabend vor sich haben. Dabei entpuppt sich der in größter Dekadenz lebende Gauner auch als der rücksichtsloseste.

Demgegenüber kommt H in eine mehr oder weniger solidarische Arbeitsgemeinschaft von Geldtransportfahrern rein, eine männliche Welt (mit der einen toughen Frau), wie so gern bei Ritchie, und wenn ihm ein Lob gebührt, dann, dass er diese Arbeitswelt nicht schönt, aber trotzdem kollegial darstellt – auf gute Art authentisch.

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Wrath of Man, USA 2021 | Regie: Guy Ritchie | Drehbuch: Ivan Atkinson, Marn Davies, Nicolas Boukhrief, Eric Besnard, Guy Ritchie | Kamera:Alan Stewart | Musik. Chris Benstead | Darsteller: Jason Statham, Scott Eastwood, Holt McCallany, Jeffrey Donovan, Laz Alonso u.a. | Laufzeit: 114 min.

Fotos: Studiocanal Films