Operation Fortune

Operation Fortune

Von Shamway

Guy Ritchie war noch nie ein richtiger Autorenfilmer, obwohl sein Ruhm mit den Indie-Auteur-Flicks SNATCH und LOCK, STOCK AND SMOKING BARREL begründet wurde. Ritchie hat es auch mit großen Filmen wie ALLADIN oder KING ARTHUR: LEGEND OF THE SWORD nie in die Hollywood A-Reihe geschafft (und wird das wohl auch nicht mit DER PAKT schaffen), produziert aber seit längerem mit Lust, wie es scheint, sowas wie moderne B-Movies. Frisches, spritziges Zeug, das einfach sehr unterhaltsam ist und selten so misslingt wie CASH TRUCK. Auch vor Serien macht er nicht Halt: Seinen coolen Unteriridische-Marihuanaplantagen-auf-verlassenen-englischen-Landhäusern-Film THE GENTLEMEN hat er (offenbar ebenfalls sehr unterhaltsam) in eine Netflix-Serie umgewandelt.

Und bei all dem: Ritchie kann was, das weit über normale Filmerei hinausgeht. Und das spielt er in OPERATION FORTUNE gekonnt und entspannt aus. Er hat nochmal Jason Statham und einmal mehr Hugh Grant engagiert, beide cool mit Cheek-in-tongue-Humor, und ihnen mit Aubrey Plaza (WHITE LOTUS) eine Schauspielerin zur Seite gestellt, die ebenso zwischen Komik und ernsthafter Performance lavieren kann und die beiden in diesem Film beinahe outperformt.

OPERATION FORTUNE ist ein Agentenfilm mit dem Humor eines Bondfilms der frühen Siebziger. Megalomane Bösewichte und humoristische One-Liner. Aber natürlich modern: Ein Dreierteam, das Diversity atmet. Neben Statham und Plaza gehört noch Rapper Bugzy Malone zum Team – allerdings als Scharfschütze, nicht als Scharfdenker. Keine Sexszenen oder sonstigen emotionalen Ausscherungen aus dem streng auf Spannung und Vorankommen konzipierten Plot.

Der Plot mag nichts Besonderes sein, aber dank exotischen Locations und Ritchies Erzählweise, die auch aus Nichts Spannung machen kann, erfährt der Film eine verdiente Aufwertung. Orson Fortune (Statham) ist ein (wie so oft in Spy Movies) renitenter Starspion, der – wir lernen Statham von einer anderen Seite kennen – ein großer Weinliebhaber ist. Im Dienst der britischen Regierung heuert Nathan Jasmine (Cary Elwes) ein Team um Fortune an, die US-Superhackerin Sarah Fidel (Plaza) und den Scharfschützen und Mann fürs Grobe JJ Davies (Malone). Eine Bande ukrainischer Gangster hat nämlich in Odessa ein erst unbekanntes Objekt gestohlen, dessen Wert auf Milliarden geschätzt wird.

Ukrainische Bösewichte? Das darf man heute natürlich nicht mehr so einfach in einen Plot einbauen, wo doch die Russen die Bösen sind. Zeitliche Überlappung, denn OPERATION FORTUNE wurde vor dem Ukrainekrieg geschrieben und gedreht (als das Verhältnis des Westens zur Ukraine noch ein anderes war) – während der Coronazeit. Dementsprechend wurde der Film 2022 „zweimal aus dem Veröffentlichungsplan gestrichen, weil man befürchtete. dass ukrainische Bösewichte geschmacklos erscheinen könnten“ (Benjamin Lee im „Guardian“) – und auch jetzt wurde der Film relativ zügig in die Filmauswahl vom Kino zu Amazon Prime „entsorgt“ (B. Lee).

Der klassische McGuffin Hitchcockscher Manier stellt sich als KI-gesteuertes Smartphone heraus, das so programmiert werden kann, dass es jedes Sicherheitssystem der Welt knacken kann – inzwischen wohl die Originär-Angst des digitalen Menschen wie der digitalen Nationen. Um an den Zwischenhändler im Besitz des KI-Smartphones heranzukommen, den berühmten Waffenhändler Greg Simmonds (Hugh Grant, Seventies-Trash-Cool mit grauer Matte und Spiegelbrille), wird Simmonds’ absoluter Lieblingsschauspieler als trojanisches Pferd rekrutiert: Danny Francesco. Mit Danny Francesco (Josh Hartnett) kommt die Truppe als Geliebte, Manager und Security im Handumdrehen an Simmonds heran. Kennenlernen an einer Charity-Gala auf einer Yacht in Cannes, Besuch in Simmonds Supervilla in Antalya. Das gute Leben von Agenten eben. Sarah versucht, Informationen an der KI vorbei zu hacken, Orson und JJ suchen Maulwürfe in der Türkischen Regierung, während Danny sich von Simmonds die Autogalerie zeigen lässt und die beiden mit dem roten Ford Mustang Coupé aus einem von Dannys Filmen auf Spritztour gehen.

Natürlich gibt es da und dort Stolpersteine für das Dreierteam. Simmonds sehr skeptische rechte Hand Emilia (Lourdes Faberes) etwa, und mehr noch ein konkurrierendes Freelance-Agententeam um Mike (Peter Ferdinando). Schönes Detail: Agenten sind hier freelance beschäftigt, auch Statham. Die „On Her Majesty‘s Secret Service“-Zeiten sind vorbei. Nur der Wettbewerb zählt, darum auch konkurrierende Gruppen.

Die Verschachtelung zwischen all diesen Gruppierungen ist nicht immer einfach nachzuvollziehen, doch Ritchies schnelle, raffinierte Schnitttechnik schafft Spannung beinahe jenseits des Storytelling. Oft erzählt er zwei oder mehrere Handlungsstränge parallel, in schnellen Schnitten, die immer stärker in inhaltliche Abhängigkeit kommen. Verstärkt wird diese Spannungserzeugung durch Speed Ramps, Freeze Frames, Zeitlupe, eingeblendete Schriften. Das macht Guy Ritchie eben schon zu einem eigenständigen Master of Suspense.

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Operation Fortune: Ruse de Guerre, USA/UK 2023 | Regie: Guy Ritchie | Drehbuch: Ivan Atkinson, Marn Davies, Guy Ritchie | Kamera: Alan Stewart | Musik. Christopher Benstead | Darsteller: Jason Statham, Aubrey Plaza, Cary Elwes, Hugh Grant, Josh Harnett, Bugzy Malone, Eddie Marsan, Peter Ferdinandeo, Lourdes Faberres u.a. | Laufzeit: 114 min.

Fotos: Leonine