Der Sinn von Flohmärkten ist das Flanieren und Entdecken. In der heutigen Zeit der Circular Economy ist zweiteres nicht mehr so einfach, weil viele schöne Dinge viel zu schnell weg sind – vor allem, wenn man Schallplatten sucht und nicht allzu impertinente Preise zahlen will. Umso schöner, wenn – wie neulich – ein Album von Barry Adamson in einer Grabbelkiste herumliegt. Sein Soundtrack zum frühneunziger Neo-Noir-Thriller DELUSION (1991) mag liegen geblieben sein, weil es ein Soundtrack ist – doch Barry Adamsons Alben klingen ja alle wie Soundtracks, auch die regulären. Darum ist ein Adamson ein Adamson, ob Soundtrack oder nicht. Zeit also, ihn etwas zu würdigen.
Sein erstes Album „Moss Side Story“ war denn auch aufgemacht wie ein Filmsoundtrack, nicht wie ein Pop-Album. Er hat seine Mischung an Klangideen und Einflüssen weiter bearbeitet, aber auch bereichert (z.B. durch klassisch-orchestrale Hollywoodsounds und Pianoeinlagen), so dass ein Album voller unterschiedlicher Stimmungen und ungehörter Klangmischungen entstanden ist. Musikalisch extrem vielseitig und innovativ. Als eine Art Weiterführung (und manchmal Wiederholung) kann das Folgealbum DELUSION gelten. Dieses Mal ein richtiger Soundtrack, der sich etwas mehr in die Magie kaktusbewachsener und totenschädelgezierter Gegenden der USA begibt. Ohne den Film gesehen zu haben (aber den Trailer): Diese Musik dürfte sehr gut funktionieren für einen Neo-Noir-Film in Wüstenregionen à la John Dahl (KILL ME AGAIN (1989), RED ROCK WEST (1993)) oder Dennis Hoppers HOT SPOT (1990). Nicht nur die Westernparts, sondern auch die seltsam verfremdeten, die Tonhöhe wechselnden Sounds wie in „Got to bet to win“ oder die extremen Tusch-Einsprengsel in „The Track with no Name“. Das Finale „Death Valley Junction“ besticht durch seine Dramatik. Zusammen mit dem Film intensivieren sich die Musikstimmungen tatsächlich noch.
DELUSION mag nicht Adamsons bestes Werk sein, hat aber genügend spannende Ideen, um Vergnügen zu bereiten. Etwas ärgerlich sind lediglich die eingestreuten Filmdialoge, wie überhaupt der Film selber nicht die besten Kritiken erhielt. Für Adamson wurde der Soundtrack allerdings zum Sprungbrett: In der Folge erarbeitete er unter anderem Tracks für die Soundtracks zu GAS, FOOD, LODGING (1992), NATURAL BORN KILLERS (1994), LOST HIGHWAY (1996) und THE BEACH (2000).
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Delusion | USA 1991 | Regie: Carl Colpaert | Kamera: Christopher Walters | Musik: Barry Adamson | Darsteller: Kim Metzler, Jennifer Rubin, Kyle Secor u.a. | Laufzeit: 93min.