Mordmysterien haben in Südkorea Konjunktur (von MEMORIES OF MURDER bis MOTHER) – dennoch kann Jeong Geun-Seops Debüt als spannungsvolles Thrillerdrama packen, das wie so oft und fast so stark wie HELPLESS von verschwundenen Menschen und entführten Kindern erzählt. Eines davon ist ein kleines Mädchen, dessen Mörder auch nach 15 Jahren nicht gefunden ist. Als aufgrund der Verjährungsfrist die Ermittlungen eingestellt werden, bleiben eine aufgewühlt-verzweifelte Mutter (Eom Jeong-hwa, BESTSELLER) und der zerknirschte Detective Cheong-ho (Kim Sang-kyung, EINE KINOGESCHICHTE) zurück. Dann wird erneut ein Kind entführt, es beginnt ein Nervenkrieg um das Lösegeld und die Polizei verfolgt jede Spur.
Flott und ohne Beiwerk treibt Jeong ihre Story unter Verzicht auf Action voran, verschwendet keine Zeit mit Spektakulärem, sondern lässt bei glaubwürdiger Spurensicherung und Kombinatorik mitfiebern und -rätseln. Der Ausnahmezustand der Betroffenen ist teilnahmsvoll, die überwachenden Beamten unübertrieben und die Nachforschungen beider Protagonisten engagiert geschildert. Zwischen Fehlschlüssen, Sackgassen, falschen Verdächtigungen, Rekonstruktionen von Tathergängen und Stimmanalysen entfaltet sich ein kompliziertes, böses Spiel, das echte Überraschungen und zersetzende Abgründe offenbart.
Gewohnheitsmäßig gibt Jeong zwar den flapsig-rüden Umgang brüllender Vorgesetzter und Kurzer-Lunten-Typen wieder, mithin die gängigen autoritären Landesstrukturen gepaart mit schwarzem Humor. Aber dieses comichaft anmutende Betragen hält sich in Grenzen und weicht bald emotionalen Tragödien. Speziell Eom Jeong-hwas Part ist stark gespielt und lässt angesichts von Trauer und Schmerz innerlich erbeben. Neben dem souveränen Kriminalplot schält sich eine psychische Seite heraus, ein mitfühlender Blick auf Seelenruinen und Verzweiflungstaten höchster Dringlichkeitsstufe.
Erschienen auf Komm & Sieh
Mong-ta-joo (Montage), Südkorea 2013 | Regie/Buch: Jeong Geun-Seop | Mit: Eom Jeong-hwa, Jo Hie-bong, Kim Sang-kyung, u.a. | Laufzeit: 120 Minuten, noch ohne deutschen Verleih.