Von Gnaghi
Der für wenig Geld im kriminalitätsverseuchten Johannesburg und Soweto entstandene, vitale Actionthriller von dem zuvor mit den beiden Internatskomödienteilen SPUD bekannt gewordenen Südafrikaner Donovan Marsh ist ein schmuddelig-spannender Reißer, so grimmig wie unterhaltsam. Ein Township-Knüller, wie es ZULU gern gewesen wäre, ohne dessen Polit-Überbau, allein mit Schweiß, Schmutz und Waffen.
Der von seinem korrupten Chef um die verdiente Belohnung geprellte, bis dahin gesetzestreue Cop Chili infiltriert nun nur mit Wissen seines treuen Kollegen Shoes die berüchtigte Bande von Gangsterboss Mambane, der einen Überfall auf einen Geldtransporter vorbereitet. Chili will abkassieren, aber sein Partner Shoes fällt Mambane schon im Vorfeld als Geisel in die Hände und Chili jongliert mit diversen Problemen gleichzeitig.
„We are all dogs here“: RESERVOIR DOGS, um genau zu sein. Quentin Tarantinos Debüt abzüglich der Popkultur-Dialoge dient in einer verlassenen Industrieruine als Orientierungspunkt. Zwar wird daraus kein richtiges Charakterdrama, weshalb der Mittelteil ziemlich durchhängt, dann aber suspensevoll zu einem großen Crescendo anschwillt, wo die Gangster wie Bluthunde übereinander herfallen, um sich die Beute abzujagen.
In dem Chaos will ein eigentlich aufrechter Undercovercop seinen Kumpel retten, was ein wahrhaft grimmiges Todesringen auslöst: Hier wird noch richtig langsam gestorben. Mit automatischen Waffen und aufbrausendem Habitus gerüstete Hitzköpfe streiten sich, versuchen einen Maulwurf zu entlarven, das ist so rau montiert wie die Gewalt roh ausfällt, ernst und verbissen, von famoser Kamera und dem Schnitt hart beschleunigt.
Der wilde Auftakt in schäbigen Baracken ruft mit seinem ungesund grünlich-mattorangen Look TROPA DE ELITE und METRO MANILA ins Gedächtnis; aber der Story-Remix pflügt munter durch die versammelte Vorbildschaft. Von STIRB LANGSAM über Florent Siris DAS TÖDLICHE WESPENNEST bis Verhoevens ROBOCOP und INFERNAL AFFAIRS fehlt nichts. Und doch zitiert Marsh nicht, legt keinen überzogenen Fetisch-Film mit selbstironisch-postmodernen Spielereien hin.
Im unerbittlichen Duell der Ratten und Mäuse vermittelt er intensiv Nervosität, Aufregung, Brutalität; dies vibriert bei allem Delirium noch vor etwas Authentischem, Realen. Und irre spannend ist es sowieso vom Überfall bis zur iPhone-Koordination von Angriffen, weshalb Marshs stilistisch furioser Knaller zu US-Remake-Ehren kommen soll und er sich in eine Reihe mit Gavin Hood (TSOTSI) und Neill Blomkamp (DISTRICT 9) stellt.
Erschienen auf Komm & Sieh
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iNumber Number (Con Game – Kenne deine Feinde), Südafrika 2013 | Regie: Donovan Marsh | Mit: Brandon Auret, Presley Chweneyagae, Brendon Daniels, u.a. | Laufzeit: 96 Minuten, Verleih: Pandastorm Pictures (Videostart: 03.11.2014).