Von Sir Real
Sergio Caballero, Direktor des Sónar Musikfestival in Barcelona und Ausrichter des sich jedem Verständnis verweigernden, stoischen Experimentalwerks FINISTERRAE, geht seinen kompromisslosen Weg unbeirrt fort. Wieder buchstabiert er mit einer Avantgarde-Komödie das Absurde durch, alle Konventionen und Rezeptionsgewohnheiten verachtend und den skurrilen Humor durchweg deadpan darbietend. Die Handlung? Nun ja: Drei auf russisch rein telepathisch kommuniziere Zwerge, Scumek, Baransky und Vólkov, sollen im Auftrag eines siechen österreichischen Künstlers (erkennbar an der Lederhose und dem toten Kanickel) „den Abstand“ aus einem abgelegenen sibirischen Kraftwerk rauben.
Neben seiner bizarren Vorliebe fürs Russische beweist Caballero Fähigkeiten als Sounddesigner und lässt in der postapokalyptischen Brachlandschaft vor Industrieruinen Maschinen summen und hallen, sofern aus dem Radio nicht Frauenschreie anstatt Musik dringen. Dazu lassen sich verliebte Schornsteine, Las-Vegas-Orakel, obszöne Genital-Gags, Yoko-Ono-Schinken und die Tokio-Kreuzung-Kugel entdecken. Dies ist an Obskurität schwer zu überbieten, obendrein kaum mit einer landläufigen Auffassung von Film vergleichbar und hat deshalb pures Kultpotential für wahre Dadaisten.
Erschienen auf Komm & Sieh
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La distancia, Spanien 2014 | Regie/Buch: Sergio Caballero | Mit: Jinson Añazco, Pere Celma, Alberto Condón , u.a. | Laufzeit: 80 Minuten, noch kein deutscher Verleih.