Auf der Jagd nach… was eigentlich? Von Matthias Ehrlicher

Von Matthias Ehrlicher

DEAR COURTNEY ist eine Coming-Of-Age-Komödie mit einem Spritzer Road-Movie. Außerdem eine, wenn auch leicht verkitschte, Hommage an die frühen 1990 Jahre, was sich aber hauptsächlich auf Accessoires wie Lederröcke, Turnschuhe, Ohrringe, Armreife und Kutten reduziert. Vor allem aber ist es eine Respektsbekundung für Kurt Cobain.

Der Held Paul (Jonas Nay) ist seit den Kindertagen in die blonde Dorfschönheit Saskia (Sine Tkotsch) verknallt, die ihn aber nicht… genau. Genre hin oder her, von diesen Originalitäten hat der Film noch einiges zu bieten. Also macht Paul Musik, um bei ihr zu landen, was all die Jahre krachend in die Hose geht. Ein guter Moment am Anfang des Films ist, als Paul wieder mal vergeblich unter dem Fenster der Angebeteten den Minnesänger gibt und von ihrer Mutter getröstet wird: „Du wirst immer besser, Paul.“ Genauso erfolgreich versucht er seine Demotapes bei allen internationalen Großproduzenten unterzubringen. Alles im Namen der Musik? Nein, nur für sie! Die Figur Paul sagt es uns in einem der vielen Voice-Over-Kommentare selbst. Er sei froh dass Saskia immer noch auf Musiker steht und nicht die Berufsgruppe gewechselt hat. Dann hätte er keine Chance. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

dear.courtney.2013.cover Doch es soll für Paul schlimmer kommen. Plötzlich läuft sein Song „Smells Like Teen Spirit“ im Radio. Nur leider als Song von Nirvana… Die haben seinen Song geklaut, so die steile These, denn er hat ihn an ihren Produzenten geschickt. Doch so richtig zu belasten scheint das Paul nicht, ihm geht es ja um etwas anderes. Also hilft Regisseur Rolf Roring seinem Protagonisten auf die Sprünge und lässt ihn vor der Veröffentlichung des Songs durch Nirvana bei dem Musikexknackiproduzenten Knochen (Jochen Nickel) einen Exklusivvertrag unterschreiben. Jetzt fühlt dieser sich von Paul betrogen und stellt ihn vor die Wahl: Entweder, er lässt Cobain ein Papier unterzeichnen, in dem er alle Rechte an dem Song an ihn abtritt, oder er wird Paul die Beine… genau. Also macht sich Paul mit Kalle (Oliver Bröker), dem Dorfraufbold und einem der vielen Ex´ von Saskia, auf dem Weg, denn wie es das Drehbuch will, ist Nirvana gerade auf Deutschlandtournee und Saskia zuständig für das Merchandising der Vorband, dessen Sänger ihr neuer Lover ist. Der Plan ist es, Cobain Backstage zu überfallen und ihn zur Unterschrift zu zwingen…

Neben den vielen, oft haarsträubenden Plotkonstruktionen und Vorhersagbarkeiten in Rolf Rorings Drehbuch schafft es seine Regie nicht, die Szenen pointiert und präzise zuzuspitzen. Viele Sequenzen, die durchaus komisch daher kommen könnten, „verläppern“ und so verliert der Film immer wieder ungewollt an Fahrt. Auch fragt man sich bei der Gestaltung der Versuche an Cobain heranzukommen manchmal, ob es die Szenen im Dutzend billiger gab. Dass der Film kein hohes Budget hatte, lediglich 400.000 Euro laut Filmstiftung NRW, sieht man an allen Ecken und Enden – aber Einfallslosigkeit kann man damit nicht rechtfertigen. Dem Ensemble mangelt es leider an schauspielerischer Leichtigkeit und unaufgesetztem Spielwitz. Schade ist auch, dass man Jonas Nay, den Musiker darstellerisch nicht abnimmt, obwohl er selbst einer ist und in HOMEVIDEO eine sehr reife Leistung geboten hat. Das Bonusmaterial der qualitativ gelungenen DVD enthält den Trailer, eine Fotostrecke und einen Audiokommentar von Regie und Kamera.

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Dear Courtney, Deutschland 2013, Regie: Rolf Roring, Mit: Jonas Nay, Lore Richter, Sina Tkotsch, Jochen Nickel, Fjodor Olev

Anbieter: Mindjazz Pictures

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