Von Thorsten Krüger
Während des Bürgerkriegs in Virginia 1864: Der 13-jährige Waisenjunge Will liefert mit seinem Onkel Marcus geflohene Sklaven an den Kopfgeldjäger Burrell aus. Für die schwarzen Söldner ohne Moral zählt nur Geld, doch das ändert sich, als sie Nate ausfindig machen und Will an seiner Tätigkeit zweifelt.
In klaren, scharfen digitalen Herbst- und Winterbildern, die so kinotauglich sind wie die eindringliche Besetzung, widmet sich Eska in stiller Dramatik dem moralischen Erwachen und der Menschwerdung eines jungen entwurzelten Schwarzen, der zwar freigelassen ist, mental aber noch in Ketten lebt und sein eigenes Volk an brutale Weiße verrät. Die Sklaverei hat viele Familien zerrissen; auch er ist das traurige Produkt davon.
Will (Ashton Sanders) findet bei der Wanderung durch die Bürgerkriegsgebiete in Nate (Tishuan Scott, COMPUTER CHESS) eine Vaterfigur und einen Freund: Sie sinnieren über Fehler, die man begeht und ein Leben lang bedauert, auch wenn sie oft aus Zwangslagen entstehen. Doch man hat immer eine Wahl, was Eska sensibel, lakonisch, melancholisch und unsentimental ohne Historienpastiche, aber akkurat authentisch ausarbeitet.
Erschienen auf Komm & Sieh
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The Retrieval, USA 2013 | Regie/Buch: Chris Eska | Mit: Ashton Sanders, Tishuan Scott, Keston John, u.a. | Laufzeit: 92 Minuten, noch kein deutscher Verleih.