Von Alexander Karpisek
Es geschieht eines Nachts in einem südwestamerikanischen Städtchen. Joey Girl muss mitanhören, wie sich ihre Mutter mit ihrem Freund im Nebenzimmer amüsiert. Plötzlich steigt ein Dämon aus der Erde und holt das Mädchen und alle anderen Kinder der Siedlung aus ihren behaupteten und gleich wieder vergessenen dysfunktionalen Verhältnissen. Ein Feuerball saust schräg durch das Bild und die Kinderschar kehrt bösartig wieder. Da hilft Abknallen und Verbrennen.
Und Exorzismus. Zwar wurde Joey im Widerstreit mit dem Eselsköpfigen, der den Kindern pochende Herzen zum Verzehr anbietet, die Zunge abgetrennt, aber sie ist das einzige Kind, bei dem Hoffnung besteht. Warum auch immer. Zwischen ihren Schreiattacken schreibt sie mit blutigen Fingerkuppen „ADRAMELECH“ an die Zimmerwand. Eine unbekanntere Schöpfung aus dem Lexikon des Teuflischen? Laut Wiki-Eintrag handelt es sich dabei um, ähm, den Garderobier der Hölle. Der Prediger weiß auch sofort Bescheid und versucht es mit einer Blitzaustreibung, die einem die Tränen in die Augen treibt. Joeys Körper schwebt in verkrümmter Haltung gegen die Decke. Mehrmals. Hektische Kamera, ungenaue Einstellungen, wilder Schnitt, dunkle Auswürfe, Schreie. Adramelech weiß leider, was von ihm erwartet wird. Beizukommen ist ihm mit solch einem Hokuspokus nicht. Es ist ihm schlichtweg zu extravagant, wie sich am Ende herausstellt.
Anna ist Joeys Mutter. Sie singt für ihre Tochter um sie zu beruhigen. Sie schützt ihr kleines Mädchen vor der Horde Erwachsener, die um sich schießt und ihrer eigenen Brut den Garaus macht. In dieser Hinsicht ist SPEAK NO EVIL deutlich radikaler und zu jeder Zeit dusseliger als andere Kinder- und Jugendprogramme, wie etwa die Großtaten QUIÉN PUEDE MATAR A UN NIÑO? (WHO CAN KILL A CHILD?, 1976), THE BROOD (1979), LES REVENANTS (2004) und, natürlich, THE EXORCIST (1973). Innerhalb weniger Augenblicke sind alle Eltern davon überzeugt, dass die Jagdsaison zu eröffnen ist. Regisseur und Drehbuchautor Roze lässt sich auf keine Diskussion ein, oder kann sie nicht erzählen. Den moralischen Konflikt, nämlich das Kind zu töten, faltet er pflichtbewusst zwischen harmonischen Gitarrenrock und Muttergekrächze. Es ändert nichts daran, wie und wo bereits der Hase läuft.
Ein ungeschickter Film. Was bleibt, ist eine legendäre Landschaft. Straßen in einer Schluchten- und Kakteenwüste. Was fehlt, sind Road Runner und Wile E. Coyote. Meep Meep.
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Speak No Evil, USA 2013, Regie/Buch: Roze, Mit: Gabrielle Stone, Carl Jensen IV, Olivia Cavender, Greg Bronson, Kameron Cochrane, u.a.
Anbieter: Mad Dimension