Vom treulosen Gatten entehrt, lässt sich Literaturdozentin Jennifer Lopez mit einem jungen Mann ein, der ihr Schüler sein könnte (Ryan Guzman, Mixed-Martial-Arts-Kämpfer und Star zweier STEP UP-HipHop-Musicals) … Geschichten wie diese liefern immer wieder Stoff für die aufregendsten Zeitungsstorys und Moraldebatten – nur Drehbuchautorin Barbara Curry (ihr erstes Werk!) und Regisseur Rob Cohen (THE FAST AND THE FURIOUS) fällt überhaupt nichts ein dazu. Der sexy Kerl ist ganz einfach ein psychopathischer Killer, den Rest kennen wir aus SADISTICO (1971), EINE VERHÄNGNISVOLLE AFFÄRE (1987), DAS BIEST (1993), SWIMFAN (2002) usw. usf. – von JLo’s eigenem GENUG (2002) ganz zu schweigen …
Literaturlehrerin Claire Peterson hat ihren Mann Garrett vor neun Monaten rausgeworfen, weil der eine Affäre hatte. Aber man hält noch Kontakt, Garrett ist bemüht, seine Ehe zu retten, Sohn Kevin vermisst seinen Vater sehr – und einen neuen Mann kennenzulernen, ist für die attraktive, selbstbewusste und gebildete Claire gar nicht so einfach. Als ein Date wieder mächtig floppt, ist sie wider Willen reif für den neuen Nachbarn Noah Sandborn. Der gut aussehende, sympathische, kernige Typ ist zu seinem pflegebedürftigen Großonkel gezogen, seit vor einem Jahr seine Eltern starben, hilft auch den Petersons tatkräftig im Haushalt – und findet Claire einfach perfekt. Claire weist Noahs Zärtlichkeiten zwar sofort zurück, weil er noch keine 20 ist und „das“ falsch wäre, aber dann sinkt sie doch dahin. Bald glaubt Noah, ein Recht auf Claire zu haben, wiegelt Freund Kevin gegen Vater Garrett auf und drängt sich weiter in Claires Leben. Claire versucht Noah erst auf die vernünftige, erwachsene Tour abzuschütteln, doch Noah ist ein Psychopath, der über Leichen geht …
Völlig verwechselbarer Stalkerthriller ohne neue Einfälle. Lustlos werden die aus vielen ähnlichen Filmen bekannten Motive und Situationen abgehakt, ohne dass Charaktere und Szenen auserzählt würden (nur ein Beispiel: Das peinliche Date ist ruckzuck vorbei, spielt an sich keine Rolle, dient nur als Vorbereitung dafür, dass Noahs Verführung nun gelingen kann). Es ist ein Skelett ohne Fleisch. Ärgerlich ist auch die prüde amerikanische Moral, die hier zum Tragen kommt: Dass Claire dem (volljährigen) Knackarsch auf den Leim geht, kann ja vielleicht mal passieren, aber wie geziert sie später ihren um sie bemühten, liebeskranken Ex abwehrt, ist schlicht zum Kotzen („Ich bin noch nicht so weit“).
Auch wie Schuldirektor Ed Kollegin Claire zur Rede stellt wegen verbotener „körperlicher Kontakte“ zwischen Lehrpersonal und Schüler, mag in der Sache zwar richtig sein, wirkt hier aber nur wie die politisch korrekte Keule, die einfach mal geschwungen werden musste. Die Szene wirkt wie fast jede andere, nämlich oberflächlich und unglaubwürdig, wie ein Puzzlestück aus einem anderen Bild, reines Pappkameradentum. Hinzu kommen hilflos-alberne Versuche in Action (die Bremse! der Gang!), Schock (Katzenalarm!), Suspense (Fotoalarm im Klassenzimmer!) und Horror (Blutfinale in der Scheune!). Die Liste nicht ausgereizter Ideen, hohler Figuren, abgewürgter Szenen, intellektueller Dämlichkeiten, fragwürdiger Zusammenhänge und großzügiger Plotaussparungen ist nicht nur lang, sie charakterisiert das Wesen des kompletten Films: collagiert, zusammengefrickelt, lose verklebt und schief gewickelt.
Erschienen im TV Spielfilm Blog
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The Boy Next Door, USA 2015 | Regie: Rob Cohen, Buch: Barbara Curry | Mit: Jennifer Lopez, Ryan Guzman, John Corbett, Ian Nelson, Kristin Chenoweth, Lexi Atkins, Hill Harper, Jack Wallace, u.a. | Laufzeit: 91 Min. Verleih: Universal (Kinostart: 19.03.15)