Picknick am Valentinstag hinter SUSPIRIA-Mauern. Von Caroline Lin

Von Caroline Lin

FATAL FRAME – nicht zu verwechseln mit dem lausigen Giallo FATAL FRAMES – ist die Verfilmung der bei uns als „Project Zero“ bekannten japanischen Survival-Horror-Adventure-Reihe, von dem Tecmo seit 2001 fünf Konsolengames programmiert hat. BILOCATION-Regisseurin Mari Asato widmet sich dem geisterhaften Geheimnis femininer Adoleszenz, was ihr faszinierend kunstvoll gelingt, den Zauber aber nicht wahren kann.

fatal.frame.2014.cover Die Japanische Coming-of-Age-Gothic webt faszinierend ein geisterhaftes Mysterium um Schulmädchen: Seit die von allen bewunderte Aya sich in ihrem Zimmer eingeschlossen hat, sind Nonnen und Eleven einer Klosterschule nahe eines Bergstädtchens in Aufruhr. Als Asumi spurlos verschwindet und ihre Freundin Michi Geister sieht, verdichten sich Gerüchte um einen Fluch, der nur Frauen befällt.

Das ohne RINGU-Fuchsfrauen auskommende, stark an klassischen westlichen, psychologischen Gothic/Ghost-Tales orientierte Mysterium wirkt in Teilen wie ein japanischer „Picknick am Valentinstag“ – das weiche Licht evoziert eine viktorianisch anmutende Natur und Architektur, eine ätherische, in Deko und Kostümen nie überladene Klosterschulen-Innenansicht um die charms & curses weiblicher Übergangsphasen.

Mit den Spielen hat FATAL FRAME kaum mehr gemein als den Markennamen, selbst die Camera Obscura, mit deren Fotos den Geistern Einhalt geboten wurde, geht in einem Subplot verschütt. Dafür errichtet Asato eine Ästhetik-Atmosphäre zwischen Arthouse und Genre, Coming of Age und Geisterstunde, A TALE OF TWO SISTERS und John Everett Millais’ präraffaelitischen Gemälde, der moribund in einem Fluss treibenden „Ophelia“.

fatal.frame.2014.still4 Dies gerät glatt so hypnotisch wie SUSPIRIA, abzüglich Argentos misogyner Penetrationsobsession, dafür mit einer von Goblins legendärem Score inspirierter Orgel-Melodie. In dezenter wie schöner Farbgebung packt Asato ihre (sexuell) erwachenden Protagonistinnen in Traumwatte, erzählt von dem „Fluch, der sich nur auf Frauen auswirkt“ und gestaltet allerhand phantasievoll-surreale Geistervisionen – leise, stimmig, künstlerisch.

Sie hätte nur so weitermachen brauchen und ihr bisheriges Kleinod BILOCATION damit in den Schatten gestellt. Der hat zwar nicht mehr Substanz, ist aber, ebenfalls mit ausgeprägter Doppelgänger-Thematik, fokussierter und verliert sich nicht in einer konfus-opaken Story, die mit Besessenen, Massensuiziden und viel Gewisper immer weitere Mysterys auffächert, was bald verflacht und weder Interesse noch echtes Frösteln erweckt.

Übrig bleibt eine lesbisch angehauchte Grusel-Fantasie über die verwunschene Zeit als Mädchen. Asato verzichtet auf jede Videogame-Dramaturgie vom Stile SILENT HILL, erschafft Schauerstimmung ohne Schock-Orchester, kurzum: hat die besten Voraussetzungen. Nur, um wenig luzide und zwingend den Faden zu verlieren und alles ganz genau zu erklären, womit sie einiges an Wirkung verfehlt. So zerfällt ein Meisterwerk.

fatal.frame.2014.still Erschienen auf Komm & Sieh

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Gekijô-ban: Zero (Fatal Frame), Japan 2014 | Regie/Buch: Mari Asato, Buchvorlage: Eiji Ohtsuka | Mit: Aoi Morikawa, Ayami Nakajô, Kôdai Asaka, u.a. | Laufzeit: 104 Minuten, noch kein deutscher Verleih.

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