Von Wolfram Damerius
Der talentierte Horrorfan Green Graves träumt von einer Karriere als Maskenbildner in Hollywood. Der große Traum scheint für den talentierten Jugendlichen jedoch unerreichbar zu sein. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder lebt Green bei dem tyrannischen Lebensgefährten seiner alkoholkranken Mutter in Fairfield, Alabama. Der prügelnde Stiefvater macht der Kleinfamilie immer wieder das Leben zu Hölle. In Gestalt von Horrormasken und Splattereffekten geht Green völlig auf, was aber von seinem cholerischen Stiefvater nicht gerne gesehen wird. Zuflucht findet Green in der zarten Liebe zu der Videothekarin Angevin. Aber auch diese Beziehung steht unter keinem guten Stern, da Green ein Dorn im Auge der religiös-fanatischen Mutter Angevins ist. Nichts scheint Green noch in dem trostlosen Örtchen zu halten. Bevor er jedoch seine Träume verwirklichen kann, eskaliert die Situation zu Hause…
Mit seinem Regiedebüt LIGHTNING BUG hat Robert Hall eigene biografische Erfahrungen filmisch aufgearbeitet. Der Regisseur, der zu Beginn seiner Karriere als Make-Up-Spezialist an Serien wie BUFFY, ANGEL oder FIREFLY mitgewirkt hat, schildert in diesem Drama die authentische Geschichte seiner eigenen Jugend und den Versuch, sich aus den Fesseln des sozialen Umfeldes zu befreien… Mit schmalem Budget und zum Teil unbekannten Darstellern schuf Hall ein melancholisches Familiendrama, das trotz des Independent-Flairs gut erzählt ist und kaum Längen hat. Als Greens alkoholsüchtige Mutter kann HELLRAISER-Star Ashley Laurence vollends überzeugen, HEAT-Bösewicht Kevin Gage spielt den tyrannischen Stiefvater mit vollem Eifer. Greens Freundin Angevin wird von Laura Prepon dargestellt, die derzeit durch die beliebte Netflix-Serie ORANGE IS THE NEW BLACK große Popularität besitzt. Auch am restlichen Cast gibt es wenig auszusetzen. Was man leider nicht von der Synchronisation behaupten kann. Diese schmälert doch sehr den Filmgenuss, da entweder zu chargiert gesprochen wird oder bestimmte Rollen einfach fehlbesetzt wurden. So klingen die deutschen Stimmen von Green und seinem jüngeren Bruder deutlich zu alt. Wer sich davon nicht ablenken lässt, kann ein einfühlsames Drama mit einigen Verbeugungen an den Horrorfilm entdecken. Allein Greens Masken- und Monsterbasteleien zeugen von viel Detailverliebtheit.
Das Label Mad Dimension bringt LIGHTNING BUG als DVD und Blu-ray heraus. Das Bonusmaterial besteht aus einem Making Of, einem Musikvideo, Deleted Scenes, Bloobers und Trailern. Halls Coming-of-Age-Drama ist sicherlich nicht für ein breites Publikum geeignet, kann aber den einen oder anderen Genrefan unterhalten. Auch wenn Hall das Finale etwas aus den Augen verliert, so ist der Einblick in die White-Trash-Gesellschaft dennoch kurzweilig und voller Genreverbeugungen. Ein solides Regiedebüt mit viel Indie-Charme.
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Lightning Bug, USA 2003, Regie: Robert Hall, Mit: Bret Harrison, Laura Prepon, Kevin Gage, Ashley Laurence u.a.
Anbieter: Mad Dimension