Amerika! Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Vor allem in der Zeit des ‚New Hollywood‘ schien auch filmisch nichts mehr unmöglich. Kino ging dahin, wo das Leben war – auf die Straße, nah an die Menschen. Dass ausgerechnet ein aus England stammender Regisseur mit DIRTY MARY, CRAZY LARRY der Welt Amerika in reinster Form schenken würde – unglaublich. Was mit EASY RIDER (1969) begann, kulminiert in DIRTY MARY, CRAZY LARRY: ein absolutes Road-Movie, in dem der Weg das Ziel ist. Dass Quentin Tarantino den Film als Inspirationsquelle für DEATH PROOF – TODSICHER (2007) ausgiebig herangezogen hat, darf als Auszeichnung verstanden werden.
Vordergründig geht es in DIRTY MARY, CRAZY LARRY um die Flucht von drei Verbrechern. Doch Larry, Mary und Deke sind viel mehr als simple Figurenabziehbilder – sie leben den amerikanischen Traum, dass jeder alles erreichen kann, wenn er sich nur genügend reinschafft. Die dauernde Hassliebe zwischen Mary und Larry offenbart ihre Charaktere. Menschen, die etwas vom Leben haben wollen – die nicht nach Konventionen fragen, denen der Highway gar nicht weit genug gehen kann. Deke ist hingegeben der Intellektuelle, der gerne die Ratio walten lässt – wären da nur nicht die Umstände, die vieles verunmöglichen. Streetwise jedoch sind sie alle, sie sind die klassischen Antihelden – Typen, ohne die die Filmgeschichte schon um einige ihrer schönsten Gestalten gebracht worden wäre.
Interessant ist auch das Sounddesign des Filmes. Während die Musik von Jimmie Haskell sehr sparsam eingesetzt wird, definiert sich der Ton des Filmes vorwiegend über Motorengeräusche und Umgebungsrauschen. So klingt er also, der wilde Westen anno 1974. Der ohrwurmige Countrypopsong „Time Is Such A Funny Thing“ (Danny Janssen / Bob¬by Hart), gesungen von Marjorie McCoy, bietet zudem den perfekten Einstieg über den Vorspanncredits – Wehmut inbegriffen, Melancholie in stillen Momenten. Doch die Zeit ist ein lustiger Geselle; und mit massig PS unter der Haube macht es umso mehr Spaß. Der heutigen Generation, die durch die unerschöpfliche Masse an seelenlosem CGI-Blendwerk aktueller Prodiktionen schon überreizt sein könnte, sollte DIRTY MARY, CRAZY LARRY außerdem als Beispiel dienen, wie man früher waghalsige Autofahrten und beeindruckende Stuntkoordinationen vollständig von Hand machen konnte.
Die rote Blu-ray-Hülle verbirgt sich im schmucken O-Ring-Card-Schuber, ein Artbook mit Abbildungen zahlreicher Aushangfotos und Kinoplakate liegt ebenfalls bei. Besonders rührig gestaltet sich das Limitierungszertifikat der auf 1500 Exemplare begrenzten Auflage, in dem sich Label/Lizenzgeber/Filmproduktionsfirma für den Kauf der ersten offiziellen Veröffentlichung des Filmes im deutschen Home Entertainment-Bereich seit dem VHS-Release bedanken. In Anbetracht der Tatsache, dass filmArt sich trotz des durch ein DVD-Bootleg ‘verbrannten Marktes’ zu einem Blu-ray-Release entschlossen hat, kann man als Käufer den Dank nur erwidern.
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Dirty Mary, Crazy Larry, USA 1974, R: John Hough, D: Peter Fonda, Susan George, Adam Roarke, Vic Morrow, Roddy McDowall, Kenneth Tobey
Anbieter: filmArt