Unter mysteriös-rhapsodischen Klängen tastet die Kamera Interieurs ab: Kellergewölbe, Bibliotheksbücher, Kaminfeuer. So sieht sie aus, die Mörderklinik; so klingt sie. Dazwischen erscheinen die Credits, immer etwas flackernd und verwaschen. So, als ob sich der Zuschauer zunächst daran gewöhnen müsste und sich die Augen reibt. Bis dahin nur etwas unbehaglich, schürt sich plötzlich Angst: eine vermummte Gestalt wird sichtbar, ein knackender E-Bass ahmt die schlurfende Bewegungen nach. Ein Rasiermesser blitzt auf, ein nackter Frauenkörper im fahlen Licht. Ein Todesschrei! Und zeitgleich erscheint der Titel auf der Leinwand: DIE MÖRDERKLINIK.
Dass Elio Scardamaglia sich sonst eher als Produzent umtat und außer DIE MÖRDERKLINIK keinen weiteren Spielfilm inszenierte, ist bei Betrachtung dieses Werkes nicht weniger als eine Unterlassungssünde. Denn der einst in Deutschland unter dem reißerischen und an erfolgreiche Wallace-Krimis erinnernden Titel DAS MONSTER AUF SCHLOSS MOORLEY erschienene Streifen, zeigt Scardamaglias ganzes Repertoire an Fähigkeiten. Richtig ist zwar, dass die Autoren Ernesto Gastaldi und Luciano Martino sich sowohl Bezüge zur klassischen Schauergeschichte suchen, als auch Grundlagen in den erfolgreichen Produktionen aus der britischen Schmiede der Hammer Films verwenden. Dennoch darf man Scardamaglia dafür loben, all das filmisch unter einen passenden Hut zu bekommen. Die Außenaufnahmen atmen in ihrem Farbenspiel und gekonntem Einsatz von Licht und Schatten Bava’eske Atmosphäre – ein Meisterwerk wie BLUTIGE SEIDE (1964) lugt speziell im ersten Drittel des Filmes öfter mal um’s Eck – und die Kamera versteht es, aus dem morbiden Charme des alten Schlosses ein Maximum an Gothic-Horror zu generieren. Dass die Produktion über ein durchaus erkennbares Budget verfügte, macht sich an der Gestaltung deutlich: weder an Kostümen wurde gespart, noch an der schmuckvollen Ausstattung des Gemäuers. Die Spannungssequenzen lassen an Terrence Fisher denken, während die Rasiermessermorde der Zeit entsprechend zwar zurückgenommen, jedoch spannungsreich fabriziert werden.
DIE MÖRDERKLINIK entstand zu jener Zeit, als Pseudonyme en vogue und speziell die Italiener ganz groß darin waren. So verbarg sich Regisseur Scardamaglia hinter Michael Hamilton, die Autoren Gastaldi und Martino zeichneten unter Julian Berry und Martin Hardy, Kameraoperator Marcello Masciocchi machte seine Bilder als Marc Lane und Frank Mason stellte keinen geringeren als Francesco De Masi dar. Retrospektiv mag man das als verkrampft empfinden, doch damals firmierte selbst eine Regielegende wie Sergio Leone als Bob Robertson oder Melodiengenius Ennio Morricone tauchte als Dan Savio in den Credits auf – von radebrechenden Ausrutschern wie dem eingedeutschten ‚Emil Morik‘ erst gar nicht zu reden.
Innerhalb der in stilechten, gelben Amarays verpackten “Giallo Edition” erschien vor kurzer Zeit DIE MÖRDERKLINIK als #007, in einer Komboveröffentlichung auf DVD-/Blu-ray präsentiert. Der Breitwandfarbfilm präsentiert sich von einem deutschen Kinoprint remastered in sehr guter Verfassung, gleiches gilt für die in Deutsch, Englisch und Italienisch vorliegenden Tonspuren. Als Extras kann man den Film in seiner unrestaurierten Fassung ‚bewundern‘, was im direkten Vergleich wieder einmal beweist, auf welchem Niveau solche Genrefilme mittlerweile genossen werden kön¬nen. Als interessante Dreingabe können ‚Szenen ohne Rollenrisse/Jumpcuts‘ und ‚Szenen ohne Nachtfilter‘ herangezogen werden. Der deutsche Kinotrailer sowie eine Trailershow über weitere Produkte aus dem Hause filmArt ist ebenso vorhanden wie ein sehr opulentes Booklet, dass – als Artbook bezeichnet – neben Abbildungen von Aushang- und Setfotos auch den kompletten Werberatschlag und das Filmprogramm enthält.
Hammer Horror goes Villa Borghese – so könnte man dieses Filmwerk kurz und treffend subsumieren. In poppigstem Technicolor ist spannendes ’sich bethrillen lassen‘ garantiert. Zum Abschluss sei aus dem Werberatschlag zitiert, der damals an die Filmtheaterbesitzer verschickt wurde: „Hier tropft das Blut von der Leinwand – dieser Schocker lehrt Sie das Grauen!“
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La lama nel corpo, I/F 1966, R: Elio Scardamaglia, D: William Berger, Mary Young, Françoise Prévost, Barbara Wilson, Harriet Medin, Germano Longo
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