„Scheiße, ich liebe Burt Reynolds!“

Das britisch-deutsche Thrillerlein hat Hollywood-Schwergewicht Joel Silver collide_poster (STIRB LANGSAM, MATRIX, SHERLOCK HOLMES) produziert, X-MEN-Beast Nicholas Hoult und die Oscar-nominierte Felicity Jones (DIE ENTDECKUNG DER UNENDLICHKEIT) sind die Stars, aber das ist eigentlich alles wurscht. Denn vor allem ist COLLIDE von der Stuntfirma „Action Concept Film“ geprägt, deren bekanntestes Produkt die Serie ALARM FÜR COBRA 11 ist – und genau so sieht der Film dann auch aus…

Der junge Amerikaner Casey hält sich in Köln als Läufer für kleine Drogendeals in Discos über Wasser, dabei verliebt er sich in Tresenkraft Juliette, die ebenfalls Amerikanerin ist (beide Stars sind übrigens Briten). Ihr zuliebe will er wieder brav sein, doch als sich zeigt, dass „Jules“ schwer nierenkrank ist und nur eine teure Organtransplantation sie retten kann, sieht er keine andere Möglichkeit, als erneut ein krummes Ding zu drehen.

collide_07 Sein Zwischenhändler, der durchgeknallte Türke Geran, ärgert sich gerade darüber, dass der honorige Spediteur Hagen Kahl, tatsächlich Deutschlands größter Drogenhändler, ihn nicht zum gleichberechtigten Partner machen will. Deshalb soll Casey nun Kahls Kokain-Laster stehlen. Doch Kahl, der über eine Armee knallharter „Security-Kräfte“ verfügt, hat Casey schon bald geschnappt, und Julietta soll die nächste sein. Casey sieht ein, dass seine Idee scheiße war, aber wenn er jetzt keine bessere hat, ist Julietta erst recht tot…

So bleiben ihm nur die halsbrecherische Flucht – und tödliche Entschlossenheit im Kampf mit Kahls Schergen…

collide_06 B-Film-Käse durch und durch. Die Geschichte ist dünn und voller Klischees, das Drehbuch voller Lücken, die Killer sind nichts weiter als Pappkameraden, und die beiden großen Altstars ziehen genau jene käsige Egoshow ab, für die man sie engagiert hat, ob’s passt oder nicht. Wenn Anthony Hopkins den „Süddeutsche“ lesenden Geschäftsmann im feinen Anzug (von Oswald Boateng) gibt – tatsächlich Sohn eines Nazischlächters und selbst ein zynischer Sadist –, und Ben Kingsley den vulgären, psychopathischen, Techno-tänzelnden Türken (diese Sonnenbrille!), der sich mit fünf Nutten gleichzeitig verlustiert, aber eigentlich in Burt Reynolds verliebt ist, dann spinnen sie bekannte Erfolgsrollen weiter, die inzwischen nur noch langweilen – und den im Kern grimmigen Stoff total verscherzen.

collide_04 Die Stunts, die sich die Kölner Stuntfirma „Action Concept Film“ ausgedacht hat, sind ganz gut, und vor allem die krachige Autojagd durch das Fachwerk-Städtchen Monschau fetzt. Aber insgesamt sind Story und Inszenierung so unstimmig, dass man nicht wirklich mitfiebert. Was ein kleiner, grimmiger Nervenzerfetzer hätte sein müssen, kommt doch nur wie Popcorn mit einem Spritzer Romantik und einer Prise Tarantino rüber. Richtig böse und blutig wird’s nicht wirklich. Irgendwie gelingt Casey immer wieder die Flucht, auch MG-Salven übersteht er durchweg schadlos – und in ganz Nordrhein-Westfalen ist auch immer wieder der böse Hagen Kahl punktgenau zur Stelle, wenn es Casey grad nicht passt (wie schafft das Hagen nur?!).

collide_05 Es regieren Glück, Zufall, Ausnahmesituationen und unzuverlässiges Erzählen – so wird Caseys Todesritt die Dramatik geraubt, und der Zuschauer gähnt. Alles schon gesehen! Und besser auch! Das ist sehr schade, denn Nicholas Hoult hat als lädierter, der Verzweiflung naher Gehetzter eine große Präsenz – und sieht dabei ungeheuer sexy aus. Er ist der richtige Darsteller – nur im falschen Film. Er spielt, während andere nur den Autopiloten anwerfen – und Felicity Jones rein gar nichts zu tun hat, außer hübsch zu sein.

Manchmal, wenn ein Film so richtig vergurkt ist wie hier, wünscht man sich, jemand könnte das vorhandene Material noch einmal völlig neu schneiden, einen anderen Soundtrack drunterlegen (der in diesem Fall gewählte Techno ist eine Zumutung), selbstgenügsame Auftritte wie hier von Hopkins und Kingsley radikal kürzen (und die ziemlich überflüssige Figur von Kumpel Matthias gleich ganz rausschmeißen) – dann hätte aus COLLIDE vielleicht ein hübscher kleiner 80-Minuten-Böller werden können. Stattdessen erlebt man einen gequälten 100-Minuten-Furz.

Erschienen im TV Spielfilm Blog.

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Collide, GB/BRD 2016 | Regie und Buch: Eran Creevy | K: Ed Wild | Musik: Ilan Eshkeri | D: Nicholas Hoult, Felicity Jones, Anthony Hopkins, Ben Kingsley, Marwan Kenzari, Clemens Schick, Alexander Jovanovic, Joachim Król, Josh Gotto, Nadia Hilker | Laufzeit: 100 Min. (Verleih: UFA)