Konfuses Untergangs-Kaleidoskop. Von Gnaghi

Von

Von Gnaghi

1975 mietet sich Junggeselle Dr. Laing in der 25. Etage eines futuristischen Londoner Hochhauses ein, das eine autarke Infrastruktur aufweist. Während dessen Architekt Royal im luxuriösen Dachgarten logiert, brechen unterhalb Unruhen aus, die Filmemacher Wilder anführt. Das Gebäude versinkt in Gewalt.

high-rise-poster-ben-wheatl Englands Low-Budget-Genre-Experimentierer Ben Wheatley (KILL LIST, SIGHTSEERS) hat sich für sein Herzensprojekt, die Adaption von J.G. Ballards Kultbuch von 1975, eine Riege angesagter Akteure von Tom Hiddleston (Loki aus THOR), Jeremy Irons (DEAD RINGERS) und Sienna Miller (FOXCATCHER) bis Luke Evans (Bard aus THE HOBBIT) geschnappt und dann munter in die vertikale Betonwüste geschickt.

Im brutalistischen „High-Rise“, dem titelgebenden Hochhaus, dominiert zunächst futuristische Ordnung im 70ies-Look. Das Biotop für Misanthropen bildet einen Mikrokosmos, in dem sich eine zunehmend dysfunktionale Etagengesellschaft immer weiter selbst auseinandernimmt. Das konfliktträchtige System, das Wheatley (minimal satirisch) analysiert, kommt zum Kollaps, zum Zusammenbruch apokalyptischer Ausmaße.

high-rise_2 Immer exzessivere und dekadentere Partys verbinden sich vermehrt surreal zu einem leider recht konfusen Kaleidoskop, bei dem Wheatley Düsternis, Gewalt, Plünderungen, Mord und Totschlag freisetzt, in den Enthemmungen schwelgt, dabei aber vergisst, irgend etwas (Sinnvolles) zu erzählen. Er verliert sich in 120 Minuten, was im Einzelnen symbolreich, im Ganzen aber einen uninvolvierenden, furchtbaren Verhau ergibt.

In HIGH RISE gebiert diese Autoren-Manier auf der Suche nach Ballards Vision nur Anarchie von eklatanter Inkohärenz, wobei eine Orgie aus Sex und Gewalt die Klassenkampf-Sozialkritik der Vorlage ersetzt. Ein denkbar schlechter Tausch, der etwas ergibt, das man womöglich als schwarze Komödie bezeichnen kann, wohl aber eher als verunglückte Kreativsession definieren muss, die die Distanz zum Geschehen nie verkürzen kann.

high-rise_7 Wheatley gelingt es trotz der erstklassigen Besetzung nie, sein Gesellschaftsdrama und den zivilisatorischen Untergang konkret und packend auszuführen. Er sucht im Diffus-Allegorischen nach Spuren des Verfalls, der Verwüstung und Verrohung. Auf Dauer ist das wenig erquickend oder gar erhellend. Darin ähnelt er SNOWPIERCER, der sich gewissermaßen inoffiziell bereits vor kurzem J.G. Ballards Dystopie angenommen hatte.

Erschienen auf Komm & Sieh.

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High Rise, GB / Belgien 2015 | Regie: Ben Wheatley | Drehbuch: Amy Jump, nach dem Roman von J.G. Ballard | Kamera: Laurie Rose | Musik: Clint Mansell | Mit: Tom Hiddleston, Jeremy Irons, Sienna Miller, Luke Evans, James Purefoy | Laufzeit: 119 Min. (Verleih: DCM)

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