Das Meisterwerk von Ulli Lommel.

Der Film verlegt den Fall und die Personalie des Serienmörders Fritz Haarmann aus der Nachkriegszeit der 1920er Jahre in die des Zweiten Weltkrieges. Aus der Sicht des Täters zeigt er das Umfeld derer, die vom Wirtschaftswunder nicht wirklich profitieren. Cover-WOLF Armut und die Suche nach einem wie auch immer selbst definierten Hauch von Glück, dazu das Schicksal der Jugend, die teilweise vom Krieg entwurzelt und auf der Suche nach Orientierung und einer Chance im Leben umherirren. Eine ideale Brutstätte für Leute wie Haarmann: Charismatisch und charmant, jedoch verbotenerweise homosexuell verdingt er sich als Hausierer und Polizeispitzel. (Der entsprechende Paragraph dazu wurde in der Bundesrepublik in der von den Nazis verschärften Version unverändert beibehalten und erst ab 1969 schrittweise abgeschafft.) In letzterer Funktion spricht er jugendliche Streuner und Stricher an, an denen er sich vergeht, um sie schließlich im Liebesrausch zu ermorden. Und Fleisch kann er auf einmal auch an seine Umgebung verkaufen…

WOLF-02 Namentlich steht hier nicht nur Fassbinder als Präsentator und namhaftes Zugpferd drauf: Der Film ist von der Regie bis zu den Nebendarstellern mit Mitgliedern seiner Künstlerclique hergestellt worden. Auch stilistisch erinnert vieles an seine prägnanten Arbeiten im Zuge der Bewegung des Neuen Deutschen Films, zu dessen bedeutendstem Vertreter Rainer Werner Fassbinder zum Zeitpunkt der Produktion dieses Films bereits geworden war: DIE ZÄRTLICHKEIT DER WÖLFE ist kammerspielartig angelegt, die Dialoge und deren Intonation bewusst theatral angelegt. Motivisch folgt die Geschichte durchaus genretypischen Eckpunkten des Kriminal- beziehungsweise Horrorfilms, nur deren Inszenierung verweigert sich weitgehend allem Spektakulären und einem – man verzeihe das Wortspiel – Ausschlachten der mörderischen Taten. Was nicht bedeutet, dass der Film hier nur vage bleibt, vielmehr werden die zarten Verweise an das damals aktuelle Splatterkino der frühen 70er Jahre eher in Richtung absurdes Theater umgedeutet, verfehlen in ihrer geschilderten Nüchternheit jedoch nicht ihre Wirkung. Plakat-WOLF Lommels Film punktet generell mit einem gut aufgelegten Kurt Raab, der ruhig und beeindruckend nuanciert spielt und zusammen mit der reduzierten Anlage des Films hinsichtlich Ausstattung und Kameraführung zu einem über weite Strecken atmosphärisch gelungenen Werk beiträgt. Die großen Vorbilder wie Murnaus NOSFERATU und vor allem natürlich Fritz Langs M sind dabei offensichtlich als Hommage integriert, auch wenn Lommels Film den großen Fußspuren betreffend der gesellschaftlichen und damit auch politischen Dimensionen dieser beiden Klassiker nicht folgen kann.

WOLF-03 Der Film liegt nun auch auf Blu-Ray in einer überzeugenden Qualität vor und wird bereichert um lohnenswertes Bonusmaterial, welches von der schillernden Persönlichkeit Ulli Lommels dominiert wird. Auch wenn in seinen Erinnerungen einige Ereignisse durcheinander geraten (so war z.B. Homosexualität in den 70er Jahren in der BRD nicht mehr strafbar, auch wenn die gesellschaftliche Akzeptanz noch sehr zu wünschen übrig ließ) so werden zum Zuschauer doch viele Anekdoten näher gebracht. Zudem sind ein Interview mit einem der damaligen Filmopfer, der Trailer, eine kurze Videodokumentation zum realen Fall sowie eine Bildergalerie mit an Bord.

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Die Zärtlichkeit der Wölfe, BRD 1973, R: Ulli Lommel, D: Kurt Raab, Jeff Roden, Margit Carstensen, Ingrid Craven u.a.

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