Mars macht mobil.

Dr. Fleming (Morris Ankrum) und Karl Eckstrom (John Emery) haben einen Traum: der bemannte Weltraumflug zum Mond. Zusammen mit seiner vierköpfigen Crew – bestehend aus dem ehemaligen Kampfpiloten Floyd Oldham (Lloyd Bridges), der unterkühlten Mathematikerin Lisa Van Horn (Osa Massen), dem sensitiven Astrologen Harry Chamberlain (Hugh O’Brian) und dem hemdsärmelig-texanischen Maschinisten William Corrigan (Noah Beery, Jr.) – besteigt er die Rakete X-M 1 und steuert den Erdtrabanten an. Doch als das Schiff in einen Meteoritenschauer gerät und durch einen Berechnungsfehler der Treibstoff eine unbeherrschbare Antriebskraft freisetzt, fliegen sie geradewegs auf den roten Planeten zu: der Mars ist zum Greifen nah. Was das Team auf dem Mars entdeckt, übertrifft ihre kühnsten Erwartungen: Reste einer untergegangenen Hochkultur … und das ist erst der Anfang, denn die fünf Raumfahrer sind auf diesem Planeten nicht alleine!

rakete Während sich die Welt 1950 noch von den Schrecken eines gerade erst zurückliegenden Weltenbrandes erholte – und sich die Vorzeichen für einen ‚kalten Krieg‘ bereits deutlich in den Regierungsetagen der Supermächte einstellten – stand das Thema bemannte Raumfahrt noch sprichwörtlich in den Sternen. Doch in Washington wie in Moskau saß man beisammen und grübelte über den Weg in das, was man wahlweise Weltraum oder Kosmos nannte; kaum etwas übte eine größere Faszination auf den Menschen aus als der Blick zum Himmel. Wofür die Wissenschaftler Berge von Akten wälzten, Schiefertafeln mit Berechnungen vollschrieben und den Rechenschieber bemühten – dafür genügte den Kreativen Hollywoods eine Schreibmaschine und etwas Geld … Und fertig war der Traum vom Weltraumflug!

Obschon Granden wie Fritz Lang bereits mit FRAU IM MOND (1929) bewiesen hatten, dass man ein solches Sujet auf die Leinwand bringen konnte, startete der moderne Science-Fiction-Film erst Anfang der 1950er Jahre so richtig durch. Die Speerspitze bildete ein Dreigestirn, zu dem neben ENDSTATION MOND (1950) und FLIGHT TO MARS (1951) eben auch der nun endlich auf deutscher DVD vorliegende RAKETE MOND STARTET gehörte. Dabei repräsentieren diese Erzählungen besser als jeder gesellschaftskritische Film die Vorstellungswelt eines Amerikas, das eine akute Angstneurose durchlebte. In den 1950er Jahren spiegelten viele Trivialfilme diese Ängste, aber auch die Paranoia der McCarthy-Ära. Und aus heutiger Sicht mag es fast schon revolutionär wirken, welche systemkritische Haltung die Grundaussage von RAKETE MOND STARTET darstellt: Aufgrund der Entdeckungen, die das Forscherteam auf dem Mars macht, werden sie einsichtig über die Entwicklungen auf der guten alten Erde. Sie ahnen, dass das Wettrüsten zu keinem guten Ende führen kann und versuchen mit letzter Kraft, die Menschheit über das, was sie gesehen haben, aufzuklären.

RAKETE-02 Wie einige Jahre später mit seinem bekanntesten Film DIE FLIEGE (1958) – dessen Erfolg wohl dazu beitrug, dass RAKETE MOND STARTET mit acht Jahren Verspätung auch den Weg in deutsche Filmtheater fand – ist es Kurt Neumann, der für Drehbuch und Regie in Personalunion zeichnet und auch die Produktion stemmte. Gemeinsam mit dem gar nicht hoch genug zu lobenden Kameramann Karl Struss gelang ihm eine höchst präzise, fast fatalistische und in seinen Marsszenen auch ungemein angsteinflößende Inszenierung, die zusätzlich mit dem Gag aufwartete, alle Marsszenen in diesem schwarzweiß-Film in kernigstem rot zu kolorieren, was die Fremdartigkeit ungemein verstärkt. Überhaupt kann man wohl die These aufstellen, dass es ohne die Pionierarbeit Neumanns mit RAKETE MOND STARTET spätere Produktionen wie PLANET DER AFFEN (1968) nie in dieser Form gegeben hätte.

Notierenswert ist RAKETE MOND STARTET auch für seinen Soundtrack, stellt doch der vom bewährten B-Filmmusiker Albert Glasser orchestrierte und dirigierte Score eine der wenigen Arbeiten Ferde Grofés für die große Leinwand dar. Grofés orchestrale Symphonik, ganz im spätromantischen Sinne Steiners und Tiomkins, mit erstmals verwendetem, nervenzerrendem Theremin, großem Streichersatz und noch enormerer Bläserwucht, in denen sich Trompeten und Hörner gegenseitig antreibend in die höchsten Höhen wuchten, legt sich wie ein schwerer Raumanzug um die Astronauten und veredelt den ansonsten recht überschaubar budgetierten Streifen mit großer Ernsthaftigkeit und angenehm unpathetischen Sphärensound. Die erst vor einigen Jahren bei Monstrous Movie Music erschienene CD ist bereits heute ein rares Sammlerstück.

RAKETE-03 Anolis präsentiert im Rahmen seiner ‚Edition Hände Weg!‘ dieses kleine, feine Meisterwerk als fünften Beitrag zur ‚Sci-Fi & Horror Classics-Reihe‘. In Anbetracht der Tatsache, dass dieser Film mittlerweile über 65 Jahre auf dem Buckel hat, kann der Transfer im Vollbildformat 1,37:1 stets überzeugen und es ist dem Label zu danken, dass die vorliegende Version auch die originale Viragierung der Mars-Szenen in akkurater Wiedergabe beinhaltet. Neben der deutschen Synchronfassung – die es manchmal mit hochsprachlichen Preziosen etwas sehr gut meint, aber das war man Sprechern wie Reinhard Glemnitz, Heinz Engelmann, Klaus W. Krause, Horst Raspe oder Christian Marschall wohl auch einfach schuldig – ist die englische Sprachspur aufgespielt, beide Optionen können mit dem wunderbaren Charme alter Tonspuren punkten und sind jederzeit ein Ohrenschmaus; deutsche Untertitel sind ebenso vorhanden. Als Extras sind neben einem amerikanischen Kinotrailer auch Bildergalerien mit dem deutschen Werberatschlag sowie verschiedenen Filmprogrammen und Aushangmaterialien beigefügt.

Jedes DVD-Regal kann außerdem durch die kleine Hartbox in Glanzfolie mit 2 Covermotiven verschönert werden, wobei man aufgrund der limitierten Auflage dieser Veröffentlichung mit dem Kauf nicht mehr lange zögern sollte. Also anschnallen, festhalten, losdüsen … 3 … 2 … 1 … RAKETE MOND STARTET!

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Rocketship X-M / Expedition Moon, USA 1950, R: Kurt Neumann, D: Lloyd Bridges, Osa Massen, John Emery, Noah Beery, Jr., Hugh O’Brian, Morris Ankrum

Anbieter: Anolis / Edition Hände Weg!