Von Bodo Traber
Höhe und Untiefen durchkreuzt man im Filmoversum Jack Hills, dessen Hauptwerk vor allem einige Klassiker des Blacksploitation-Kinos der 1970er Jahre umfasst. Die legendären Pam-Grier-Knaller COFFY und FOXY BROWN, nicht zuletzt natürlich durch Tarantinos Reminiszenzen aus der Obskurität geholt, lagen lange im Schatten der SHAFT- und CLEOPATRA WONG-Abenteuer derselben Zeit, erweisen sich aber selbst beim aktuellen Wiedersehen als die bei weitem besseren Filme. Jack Hills Oeuvre ist tatsächlich eine Beschäftigung wert, und erst heutzutage wird der Regisseur mit dem Allerweltsnamen als Kultfilmschöpfer entdeckt. Immer mehr Werke aus der Filmgroup-Zeit Roger Cormans tauchen auf, die er angeblich mit-inszeniert hat, und neben den vier letzten Boris-Karloff-Filmen in Mexiko hatte er auch noch Zeit, Teile von ICH, EIN GROUPIE in der Schweiz zu drehen.
Heute wird Jack Hill nicht müde, auf die Schwierigkeiten hinzuweisen, auch nur etwas halbwegs künstlerisch Wertvolles zuwege zu bringen, während er für Exploitation-Produzenten arbeitete. Allerdings weisen die meisten seiner Werke – sagen wir’s mal so – eine dezidierte Zuwendung zu den Motiven auf, die gezielt auf diesen Markt ausgerichtet waren. SWITCHBLADE SISTERS (THE JEZEBELS) von 1973, zweifellos einer seiner unerhörtesten Filme, bestückt seinen Jugend-Gang-Plot mit einigen ausgesuchten Karikaturen schmieriger Lehrer oder lesbisch-sadistischer Frauengefängnis-Matronen. Erzählt wird von der Ganganführerin Lace und dem taffen Neuzugang Maggie, deren Freundschaft der intriganten Patch ein Dorn im verbliebenen Auge ist; erzählt wird von großen Gefühlen, politischen Ränken und Intrigen, von Freundschaft, Ehre, Stolz und Verrat, von verlorenen Idealen und verachteter Menschlichkeit. Jack Hill zelebriert ein großes griechisches Epos, aufgeführt von einem Schülertheater grimassierender Schlampen. Hier ist der von Exploitation-Aficionados weithin verfemte Begriff ‚Trash on purpose’ mehr als angebracht – wenn Jack Hill anderes behauptet, schwindelt er.
Die deutsche Fassung war heftig gekürzt, u.a. um eine Vergewaltigung (umso gemeiner, da die gleichsam daneben stehenden Erwachsenen aus Angst nicht eingreifen) und eine genüssliche Knastfolter-Szene mit Kopfwäsche in der Toilettenschüssel – wodurch der Rest des Films fraglos noch deutlicher als reiner Mumpitz herüberkam. Hier freilich alles in voller Wucht und teils mit Untertiteln. Die bei Subkultur erschienene Edition ist eine Combo aus DVD und Blu-ray, enthalten sind der englische Originalton sowie die deutsche Synchronfassung. Besonders interessant ist der Audiokommentar von Jack Hill und Quentin Tarantino, der hier sogar mit optionalen deutschen Untertiteln zu bewundern ist. Diverse Features und zeitgenössische Interviews sowie ein weiterer Audiokommentar von Marcus Stiglegger und Kai Naumann runden das gelungene Gesamtpaket ab.
___________________________________________________________
Switchblade Sisters, USA 1975, Regie: Jack Hill, Mit: Robbie Lee, Joanne Nail, Aher Brauner, Monica Gayle u.a.
Anbieter: Subkultur