Marvelheld Doctor Strange ist ein ähnlicher Typ wie der Iron Man: Er ist erst einmal zu egoman, um auch nur an die Möglichkeit zu denken, irgendwann mal etwas Gutes zu tun. Und er ist ebenso reich und mit einem großen Talent gesegnet. Iron Man ist Ingenieur, Strange ist ein brillanter, aber unglaublich empathieloser Neurochirurg. In DOCTOR STRANGE (2016) wird Dr. Stephen Strange von Benedict Cumberbatch gespielt, der ja seit seiner Paraderolle als Sherlock Holmes über beste Erfahrungen verfügt mit der Darstellung selbstgefälliger Genies. Während komplizierten Herzoperationen lässt sich Stephen Strange Songs aus den Siebzigern vorspielen, um als erster zu erraten, um welche es sich handelt. Zu einer Liebesbeziehung zu Christine Palmer (Rachel McAdams) kann er sich nicht durchringen, er bevorzugt Sportwagen, Freiheit und seine überhebliche Art anderen Menschen gegenüber.
Die findet er in der fernöstlichen Mystik. Ein geheimnisvoller Orden in Kathmandu, von der „Ältesten“ (Tilda Swinton) geleitet, besitzt nicht nur die Möglichkeiten, seine Querschnittlähmung zu heilen, sondern noch eine Menge weiterer Zauber. Seine unglaubliche Strebsamkeit und sein magisches Talent führen ihn bald einmal an Grenzen des erlaubten Könnens – doch weil es dem Orden um nichts Geringeres als den Schutz der Erde vor finsteren außerirdischen Mächten geht, ist man froh um das Genie. Hier wird der Film allerdings zum einen etwas unglaubwürdig, zum andern etwas zu „weiß“: der weiße, reiche Held (sind nicht allzu viele Superhelden so?) lernt so unglaublich schnell und besser als all die anderen, eingesessenen Ordensbrüder. So sehr, dass die nicht-weißen Zauberer Wong (Benedict Wong) und Mordo (Chiwetel Ejiofor) zuweilen wie minderwertige Bedienstete auftreten. Die beiden Top-Schauspieler haben tatsächlich keine Top-Rollen, im Gegensatz zu Cumberbatch und Swinton. Und apropos: Mit Tilda Swinton als Ordenschefin schlüpft eine Weiße in die Rolle, die im Comic von einem tibetischen Mann verkörpert wurde.
Im Orden Kamar-Taj trainieren Magiere Martial Arts und Magie, doch das Kloster in Kathmandu besitzt auch eine Bibliothek, and we know: Im verbotenen Bereich wird’s erst spannend. Strange weiss natürlich, wo suchen. Die Rituale, die Strange dem verbotenen Hauptwerk entnimmt, könnten denn auch die ganze Erde ins Chaos stürzen. Mit dem falschen Zauberspruch werden Räume überwunden, Räume gebogen, und wehe, wehe, jemand spielt mit der Zeit (als physikalischer Einheit)!
Der abtrünnige Ordensbruder Kaecillius (Mads Mikkelsen) hat nicht nur einige Seiten des Buchs gestohlen, sondern plant mit seinem Wissen auch eine Welt ohne Zeit, die von der Entität Dormammu beherrscht würde. Kaecillius besetzt in Kämpfen gegen den Orden die drei Tempel in Hong Kong, London und New York, die Eintrittstore für die fremde Macht.
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Doctor Strange, USA 2016 | Regie: Scott Derrickson | Drehbuch: Jon Spaihts, Scott Derrickson, C. Robert Cargill, nach den Comics von Stan Lee und Steve Ditko | Kamera: Ben Davis | Musik: Michael Giacchino | Mit: Benedict Cumberbatch, Chiwetel Ejiofor, Rachel McAdams, Mads Mikkelsen, Benedict Wong, Tilda Swinton, Benjamin Bratt, u.a. | Laufzeit: 115 Min.