Der Übergang vom Leben in den Tod gibt im Film üblicherweise nichts anderes her als Bodycount, Leiden, letzte Geständnisse und ähnliches. In Zombiefilmen und Vampirfilmen wird wenigstens aus dem Halbtod etwas gemacht: Man ist tot und lebt doch, ein aristokratisches (Vampire) oder ein proletarisches Leben (Zombies).
THE OA erweitert das Spielfeld und lässt die Nahtoderfahrene Prairie Johnson, eine 28-jährige Frau (die allerdings eher wie 20 wirkt) ein irres Leben durchlaufen. Zu Beginn der Serie kehrt die blinde Frau nach sieben Jahren Verschwundensein sehend zu ihren Adoptiveltern zurück. Ihre Geschichte erzählt sie an festgelegten Abenden auf einem geheimen Dachboden einer kleinen, ausgewählten Gruppe von drei Jungs und einer Lehrerin.
Der smarte, sensible Hap bemerkt sofort, dass es sich bei Prairie um einen Menschen mit Nahtoderlebnis handelt. Deshalb spricht er sie überhaupt erst an, und er kann sie leicht davon zu überzeugen, dass sie mit ihm kommt. Er betreibt wissenschaftliche Forschungen exakt zu dem Thema. Doch sie landet manchmal zwar in Haps Labor, meist aber in Haps Keller: in einem von vier Glaskäfigen, in denen junge Leute mit Nahtoderfahrungen eingesperrt sind. Homer, Scott, Rachel und Prairie – sie alle werden einzeln weiteren Nahtodexperimenten ausgesetzt. Sie werden von Hap umgebracht, wieder ins Leben zurück gebracht, getötet, wiederbelebt – und schmieden untereinander Pläne, um zu flüchten, verzweifeln.
Diese Nahtod-Folter wendet Hap an, um das Geheimnis des Jenseits zu lüften. Mehr als nur die Macht über Körper zu besitzen, mehr selbst als die Macht über Geist und Seele (die Macht über den Willen erlangt er nicht) sucht er jenseits der Todesmarkierung etwas Allgemeingültiges und Machtvolles – ein Wissen, das ihn im Diesseits stärken wird. Tatsächlich scheint es in diesen Ebenen des Jenseits solche Dinge zu geben. Es sind die fünf Sätze („Movements“), die interdimensionale Reisen ermöglichen. Das Wissen um die fünf Movements finden die gefangenen Jugendlichen in ihren Nahtoderlebnissen: Da hören sie den Klang der Saturnringe, werden vom „Todesengel“ Khatun an seltsame Erlebnisse herangeführt, haben diese unentzifferbaren Narben auf dem Rücken, die Aufschluss geben können über einige der Movements.
In THE OA (Prairies zweiter Name bedeutet natürlich „THE AWAY“) werden einige Gesetze des Mysteryfilms neu geschrieben, basierend auf der faszinierenden Grundidee des Nahtods. Trotzdem operiert die Serie auch mit den klassischen Spannungsbögen: Fluchtversuche, Gefangenschaften, Tode und Wiederbelebungen, Grausamkeiten und schliesslich: Ist Prairies Geschichte überhaupt wahr oder doch nur faszinierend erfunden? Wir können nur spekulieren, denn wie Prairie selbst sagt: „Wissen ist ein Gerücht, so lange es nicht im Körper ist.“ Das beschreibt nicht nur, worunter der „Wissenschaftler“ Hap leidet. Das ist gewissermassen die Essenz der Serie.
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The OA, USA 2016/17 | Creator: Zal Batmanglij, Brit Marling | Regie: Zal Batmanglij | Mit: Brit Marling, Emory Cohen, Scott Wilson, Alice Krige, Phyllis Smith, Jason Isaacs, u.v.a. | Laufzeit: 480 Min.