Und die Moral in der Todeszone?

Wie schon die Teenagerdystopie HUNGER GAMES in den Teilen 3 und 4 kumuliert auch MAZE RUNNER in seinem dritten Teil in einem Kriegsgeschehen. Hier mit ganz klaren sozialen und gesellschaftlichen Implikationen und im Gegensatz zu den HUNGER GAMES liebenswerterweise nur in einem Teil. Nachdem die Jugendlichen in einem Labyrinth eingesperrt und dann unter falschen Erklärungen evakuiert wurden (Teil 1: DIE AUSERWÄHLTEN IN LABYRINTH), finden Thomas (Dylan O’Brien) und seine Freunde erst auf ihrer Odyssee durch die Brandwüste überhaupt einige Wahrheiten heraus: über die Organisation WCKO (Welt-Chaos-Katastrophen-Departement), die versucht Lösungen zu finden gegen die zu heisse Sonne und das unheilbare Virus (das eine Art Zombies erzeugt, die Cranks), über die Widerstandsbewegung „Rechter Arm“ und die Komplexität von Gut und Böse (Teil 2: DIE AUSERWÄHLTEN IN DER BRANDWÜSTE).
MazeRunner3_Poster2 Der Dritte Teil beginnt nun spektakulär damit, was Thomas Ende des zweiten angekündigt hat. Die Befreiungsaktion für Minho (Ki hong Lee) in der Wüste, mit Gefangenenzug, Mad-Max-Autos, Flugobjekten und und viel Einfallsreichtum besitzt eine beeindruckende Dramaturgie. Diese wie auch die folgenden Actionszenen sind zwar alle etwas lang, die späteren nicht so ideenreich, aber stets eng mit dem Voranpreschen der Story verknüpft.
Die Eingangsszene gibt den Drive vor. Statt sich bereits mit Vince auf einer Schifffahrt ins Paradies abzusetzen, entschliessen sich Thomas und seine Bande zur Befreiung der von WCKO in Forschungslabors missbrauchten virenimmunen Freunde.
Die Reise führt ins Zentrum der menschlichen Überlebenden, die letzte Stadt. Eine riesige Mauer mit Schussanlagen schützt die nicht-Infiszierte Oberschicht vor dem Proletariat und den Cranks, die in den Slums ausserhalb der Stadt hausen und beide hinein drängen. In dieser zugespitzten Situation kündigen sich Klassenkämpfe an, wie wir sie so zugespitzt erst in den letzten Jahren wieder im Kino sehen: Die Oberschichtselite hält sich das Volk vom Hals in ihrer Gated Community, das Volk fordert die Essentials des Lebens: das Überleben. Die herrschaftlichen Zeichen stehen allerdings nicht mehr auf Integration, nicht einmal mehr auf Unterstützung oder Hilfestellung. Die Unterschicht wird dem Zombiewerden ausgeliefert, der „rechte Arm“ versucht mit Kampfbereitschaft, an diesem Status Quo etwas zu ändern – und kann in dem Moment tatsächlich Hilfe leisten, als Thomas, Newt, Brenda und Frypan ins Innere der Stadt wollen.
Die Häuser im Innern der Stadt sind aus Platzgründen natürlich in die Höhe gebaut, hypermodern ausgestattet, eine andere Welt. Aber unübersichtlich wie Hongkong, deshalb schaffen es unsere Freunde auch immer wieder an der Security vorbei ins Herz der Forschungslabors. Geleitet von der inzwischen resigniert agierenden Ava Paige (Patricia Clarkson) und der immer noch mit Verve forschenden Überläuferin Teresa (Kaya Scodelario) – die allerdings eine grössere Vision vor Augen hat. Sie rechtfertigt die Menschenversuche an Minho und anderen und ihre Kooperation mit der Oberschicht, weil sie glaubt, mit einem Gegenmittel die gesamte Menschheit retten zu können.
MazeRunner3_4 Hier wird die moralische Frage der MAZE RUNNER-Serie noch einmal mit aller Deutlichkeit gestellt. Sollen die „Auserwählten“ lieber ein eigenes Leben anfangen und den Rest der Menschheit sterben lassen (indem Thomas & Co. der Oberklasse Minho wegnehmen, entfernen sie auch deren letzte Hoffnung auf ein Heilmittel)? Oder sollen sie – wie es Teresa tat – den Pakt mit dem Teufel eingehen und auf das folgende Gute hoffen, das vermutlich nicht eintreten wird? Ersteres scheint die heutige Teenagerutopie wiederzugeben: sich herauszuhalten aus den sich zuspitzenden gesellschaftlichen Problemen.
Als etwas schade am durchaus vergnüglichen dritten Teil erweist sich die Personenkonstellation. Wie die Personen, die Geschlechter und die Ethnien untereinander handeln und Themen verhandeln, ist dann auch unter den „Auserwählten“ eher klassisch. Um zum Beispiel Thomas in Zukunft nicht die Bürde, sich für eine aus zwei Frauen (die er beide liebt) entscheiden zu müssen, stirbt eine. Wie seit jeher in Filmen üblich.

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Maze Runner – The death cure, USA 2017 | Regie: Wes Ball | Drehbuch: T.S. Nowlin nach dem Roman von James Dashner | Musik: John Paesano | Kamera: Gyula Pados | Schnitt: Paul Harb, Dan Zimmerman | Mit: Dylan O’Brien, Kaya Scodelario, Thomas Brodie-Sangster, Dexter Darden, Aidan Gillen, Ki Hong Lee, Will Poulter, Jacob Lofland, Rose Salazar, Giancarlo Esposito, Barry Pepper, Patricia Clarkson, Nathalie Emmanuel, Walton Goggins | Laufzeit: 142 Min.