Es gibt immer mal wieder Filme, wo man sich schon bei der ersten Sichtung klar ist „Sowas gibt es nicht sehr oft“. BLUTIGER FREITAG ist solch ein Werk, denn es steht ziemlich allein auf weiter Flur in der deutschen Filmgeschichte. Unverhohlen ehrlich und als klarer Kommentar zur Entstehungszeit, die Situation der deutschen, vom Terror gelähmten Gesellschaft aufnehmend, aber kein ‚Neuer deutscher Film‘. Burschikoser, hemdsärmeliger Genrefilm mit ganz klarem Publikumsauftrag, entstanden ohne Filmförderung und Fernsehgelder – sondern Kino, ganz einfach breites, fettes, richtiges Kino. Rolf Olsen, ein kleiner König deutschen Nachkriegsfilms, lädt ein zu einem Meisterwerk.
Eine mehr als einmal gefilmte Story, doch wie Rolf Olsen und sein Team sie erzählen, sprengt förmlich den Bildschirm. „Hemmungen – Null. Rücksicht – Null“; diese Devise müssen hier alle Beteiligten als Leitspruch gehabt haben. Rolf Olsen galt spätestens seit dem 1967 ebenfalls mit Italien produzierten DAS RASTHAUS DER GRAUSAMEN PUPPEN als Exploitationregisseur erster Güte. Seine St.-Pauli-Filme sind allesamt eine Schau. BLUTIGER FREITAG jedoch ist die Potenzierung aller Ingredienzien der vorherigen Filme, die ganze Sache wird auf eine Metaebene gehoben, die geradezu atemberaubend ist.
Doch was wäre dieser Film ohne seine Darsteller: „Seewolf“ Raimund Harmstorf gibt den bulligen, ungezügelten und hochbrutalen Heinz Klett mit großem Enthusiasmus (Synchronstimme: Klaus Kindler), Amadeus August den in die Mühlsteine des Verbrechens geratende Bruder von Christine Böhm. Ernst H. Hilbich spielt konträr zu seinem sonstigen Image einen schleimigen Opportunisten und Gila von Weitershausen macht als Millionärstochter ebenfalls einen guten Eindruck. Auf Seiten des Gesetzes liefern sich die gewohnt guten Horst Naumann und Walter Buschhoff spitze Wortgefechte.
Innerhalb der mustergültigen und für die bedeutende Publikation von MÄDCHEN, MÄDCHEN mit dem Willy-Haas-Preis 2017 ausgezeichneten Edition Deutsche Vita erschien BLUTIGER FREITAG in limitierter Auflage. Das 4-Disc-Digipack – so die Luxusausgabe, die es neben den Kaufhausversionen auch gibt – erleben wir die Weltpremiere der unveröffentlichten Langfassung, die bei den Materialrecherchen zum Film auftauchte und den Streifen insgesamt noch viel runder erscheinen lässt. In 4K und unzensiert sind die Abenteuer von Heinz Klett nun in der Form erschienen, wie sie immer sein sollten. Neben der deutschen, englischen und italienischen Sprachfassung kann man wahlweise die deutsche und italienische Kinofassung anwählen.
Alles zusammen ergibt einen höchst spekulativen Reißer, von dem man aus der Retrospektive kaum glauben kann, dass er in Deutschland einst produziert werden konnte. Für alle Freunde abseitiger Filmkunst und Fans von hemmungslosem Kino ist dieser Film ein klares „must see“.
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Blutiger Freitag / Violenza contro Violenza, Deutschland/Italien 1972 | Regie: Rolf Olsen | Darsteller: Raimund Harmstorf, Gianni Macchia, Amadeus August, Christine Böhm, Daniela Giordano, Gila von Weitershausen
Anbieter: Subkultur Entertainment