Ein dutzend Verfilmungen hat die Figur des obskuren Wanderpredigers und vermeintlichen Geistheilers Grigori Rasputin im Laufe der Filmgeschichte evoziert, die wenigsten hielten sich an historische Fakten. RASPUTIN – DER UNHEIMLICHE MÖNCH machte da keine Ausnahme, hatte man sich bei Hammer Films doch fest vorgenommen, ein Historienepos mit Horroranleihen zu erschaffen. Realismus raus, Unterhaltung rein – und mit Christopher Lee hatte man einen Kultschauspieler zur Hand, der wie geschaffen schien für diesen Rasputin.
Während sich Lee mit seinem seit DRACULA (1958) definierten Image immer weniger anfreunden konnte und die Verhandlungen immer zäher wurden, köderten die Produzenten ihn diesmal mit der wesentlich anspruchsvolleren Rolle des „Hanussen meets Mabuse“-Charakters aus dem ausklingenden, zaristischen Russland. Back-to-back mit BLUT FÜR DRACULA (1965) gedreht – zum großen Teil mit derselben Crew und nur notdürftig umdekorierten Kulissen – bewaffnete sich Lee, der sogar frühkindlichen Bezug zu den historischen Figuren hatte, mit allerlei Sekundärliteratur und gab kraftvolles Schauspiel. Er konnte sich den dämonischen Mönch mit umwerfender Präsens und sexueller Konnotation derart zu Eigen machen, dass man selbst Conrad Veidt aus der 1932er-Verfilmung kurzzeitig aus dem Sinn verlieren konnte. Dass die Hammer-Produktion eher schmal budgetiert war und die restlichen Schauspieler mit ihren englischen Gesichtszügen und angeklebten Russenbärten nicht optimal ausstaffiert wurden, mag man retrospektiv beklagen – doch insgesamt gelang Don Sharp ein stimmiger Film mit partiellen Horroreinsprengseln, die sich sehen lassen konnten. Dass sogar Frank Farian 1978 auf die Legende zurückgriff und mit „Rasputin“ für Boney M. einen Euro-Disco-Hit fertigte, zeigte später noch viel stärker den universellen Charakter der Mär.
Don Banks, der für Hammer u.a. schon den wilden Genremix DIE BANDE DES CAPTAIN CLEGG (1962) vertont hatte, griff erneut in die Tasten und setzte auf der Tonspur das um, was auf der Leinwand mitunter an Budgetgrenzen stieß. Er schrieb eine großformatige, opulent orchestrierte und ausladend komponierte ‚Höllenmusik‘, die den hypnotischen Geist des wahnsinnigen Mönchs mit flirrenden Streicherglissandi unterlegte, in der großen Horrorsequenz des Filmes mit avantgardistischen und neutönenden Ansätzen sowie einer verzerrten E-Gitarre arbeitete.
Bis zur DVD-Veröffentlichung 2004 entsprechend schwer zu finden, beglückt uns Anolis als Nr. 24 seiner Hammer-Edition nun mit einer mustergültigen Veröffentlichung in mehreren Covervarianten. Das Breitwand-Bild erstrahlt in bisher nicht dagewesener Pracht, wobei die trotz Sparflamme erstklassigen Sets und expressiven Farbkompositionen hervorragend zur Geltung kommen. Auch der Ton gibt sich zünftig und in deutscher Synchronisation rauscharm und detailliert, der englische Originalton versteht sich in dieser Edition von selbst. Gleich zu Beginn der flankierenden und reichhaltigen Extras findet sich die Filmversion noch im Originalbildseitenformat von 2,55:1, das damals standardisiert für die Kinoauswertung auf 2,35:1 abgekascht wurde. Gerade in Zeiten großer Bildschirmdiagonalen in heimischen Wohnzimmern macht diese ebenfalls hervorragend restaurierte Fassung jedoch mächtig Freude und lässt in der schieren Breite jeden Filmfreund in Verzückung geraten.
Mag RASPUTIN – DER WAHNSINNIGE MÖNCH auch etwas ‚zu britisch‘ geraten sein um als in Russland spielend durchzugehen, die Performance des legendären Christopher Lee ist ein schierer Genuss, alleine deswegen man sich den Film unbedingt ansehen sollte – am Besten in dieser hervorragenden Veröffentlichung, die keine Wünsche offen lässt. Wie hieß es einst in den Großraumdiscos dieser Welt? “There lived a certain man in Russia long ago, he was big and strong, in his eyes a flaming glow”. Really wunderbar!
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Rasputin – the Mad Monk | GB 1966 | Regie: Don Sharp | Darsteller: Christopher Lee, Barbara Shelley, Richard Pasco, Francis Matthews, Suzan Farmer, Dinsdale Landen u.a.
Anbieter: Anolis Entertainment