März 1945, östlich von Stettin. Mitten im Rückzug der deutschen Wehrmacht, meldet sich eine ganze Schulklasse freiwillig an die Front – junge Pimpfe um die 15 Jahre alt. Ein paar ihrer Mütter schlagen sich bis an die umkämpften Linien durch, werden Zeuge des brutalen Irrsinns aus Heldentum, Kriegsrecht, Tod und Verelendung. Sie wollen ihre Söhne zurückholen. Doch zwischen dem General (Ewald Balser), der die verlässliche Ordnung über die Menschlichkeit stellt, und dem Hauptmann (Bernhard Wicki), der sein Gewissen im entscheidenden Moment höher achtet als den Befehl, verstehen die Mütter, was es heißt, jung, idealistisch und im Krieg zu sein. Während die russischen Truppen einen folgenreichen Großangriff starten, erfüllt sich für alle Beteiligten das Schicksal in dieser Geschichte aus dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte.
Brüche und Kontinuitäten allenthalben: Produzent Erich Pommer, dessen letzte Produktion und filmisches Vermächtnis KINDER, MÜTTER UND EIN GENERAL darstellte, war einst mächtiger Mann der UFA, allerdings von den Nazis mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt worden. Drehbuchautor Herbert Reinecker, dessen JUNGE ADLER (1944) reine Propaganda darstellte, hingegen hatte sich durchaus mit der Macht arrangiert, ehe er in den 1950er Jahren als Top-Drehbuchautor reüssierte. Reinecker, selbst also eine im Nachhinein ambivalente Künstlerpersönlichkeit, hatte nach seinem in der Zeitschrift QUICK veröffentlichten Roman ein Drehbuch geschrieben, dass einerseits versuchte, sich im erzählerischen Gewand an den Einzelschicksalen der Mütter abzuarbeiten und dies dramaturgisch gut ausgeleuchtet darzustellen. Andererseits konnte Reinecker – ob nun dem eigenen Wertesystem oder den damaligen Konventionen des empfindlichen Nachkriegspublikums geschuldet – nicht umhin, die eigentlich ideologischen Ursachen auszuklammern und den deutschen Landser im ehrhaften Soldatentum etwas aufzuhübschen, um die Kollektivschuld sozusagen etwas „wegzuschreiben“. Nicht von ungefähr hatte Reinecker auch CANARIS (1954) bereits ein entschärftes Image verpasst, dass aus heutiger Sicht gar etwas sinnentstellend wirkt.
Die Regie von László Benedek zeigte sich dennoch souverän und erdig, wobei der Veteran aus Hollywood das Garutso-Plastorama-Verfahren mitbrachte, in dem er bereits seinen Marlon-Brando-Welterfolg THE WILD ONE (DER WILDE, USA 1953) gedreht hatte und dass sich durch seine konkurrenzlose Tiefenschärfe für einige Jahre als hochklassiger Standard etablierte. Günther Rittaus mitunter expressionistische Bildgestaltung genügt hohen Ansprüchen und lässt die beklemmende Atmosphäre der Kesselschlacht um ein gottverlassenes Dorf fühlbar werden. Werner Eisbrenner schließlich – ohnehin einer der herausragenden Filmkomponisten jener Jahre – interpolierte in seine mit Symphonieorchester vorgetragene, spätromantische Partitur die Volksweise „Im schönsten Wiesengrunde“ und setzte die Doppelgesichtigkeit der Situation in eine wehklagende Solomundharmonika sowie tieffrequente Streicher- und Blechblascluster um.
KINDER, MÜTTER UND EIN GENERAL ist in sauberem, von vereinzelten Abnutzungserscheinungen gekennzeichnetem Schwarzweißvollbild auf DVD erschienen. Als Bonus ist neben dem für die Exportfassung des Filmes entstandenen, alternativen Ende, ein Nachdruck der zeitgenössischen, Illustrierten Film-Bühne enthalten.
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Kinder, Mütter und ein General | Deutschland 1955 | Regie: László Benedek | Darsteller: Hilde Krahl, Ewald Balser, Therese Giehse, Bernhard Wicki, Klaus Kinski, Maximilian Schell u.a.
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