Ein CRISPR Thriller.

Dynamisch und frisch geht die neue deutsche Netflix-Serie BIOHACKERS los. Erst ein dramatischer Moment in einem Zug, in dem Menschen seltsam zusammenklappen wie die Fliegen. Unter ihnen eine junge Frau mit einem Halsband, auf dem „Mia“ steht. Nach dem Vorspann beginnt die Handlung dann ein paar Tage früher. Sonne, Fahrräder und eine gemütliche Kleinstadt: Studentin Mia Akerlund (Luna Wedler) kommt an die Uni Freiburg und nistet sich in einer WG ein mit zwei liebenswerten, schrägen Mitstudentinnen und einem kurligen Mitstudenten. Chen-Lu (Jing Xiang) überrollt alle, weil sie in einem Höllentempo spricht und ihre Leidenschaft als Biohackerin dadurch sehr klar wird. Ihren Pflanzen hat sie ein fluoreszierendes Gen eingebaut, so dass die nachts leuchten – was einem der „klassischen“ Biohacking-Experimente entspricht und natürlich faszinierend aussieht. Lotta (Caro Cult) ist eine gutaussehende, etwas zu sexy Frau auf Männerjagd und Ole (Sebastian Jakob Doppelbauer) ist der blondlockige Student, der alles Schrullig-Nerdige in einem ist: Biohacker, Elektrobastler, Cyborg (bzw. verpflanzt er sich cyborgmäßig NFC-Chips in die Brust). Ein Möchtegern Technohipster, der alles für einen guten Instapost tut. Alle drei sind sie „Comic Reliefs“, Figuren, die Witz in die Serie bringen. Oft leider etwas zu plakativ und übertrieben oder – ich schreib‘s nicht gern – etwas zu sehr so, wie eben deutsche Serien das oft handhaben.

Trotzdem und ein bisschen gerade deswegen bringen die alle Schwung in die Studentenbude, in der sich Mia inzwischen ziemlich schnell wohl fühlt. Sie besucht das Studium der berühmten Dozentin Tanja Lorenz (Jessica Schwarz), datet sehr zügig den jungen Studenten Jasper (Adrian Julius Tillmann), der sich als hochtalentiert herausstellt und von ihrem Vorbild Tanja Lorenz gefördert wird – und nicht zuletzt besucht sie nicht zu wenige Studentenparties. Von da an dauert es auch nicht lange, bis sich zeigt, dass Mia ein Geheimnis mit sich trägt. Dass sie eine Mission hat – und nach und nach fügen sich die Puzzleteile ihres Studentenlebens zu einem großen Ganzen.

Zu tun hat ihre Mission mit Lorenz’ großen Theorien von einer Gentherapie, die, sagen wir mal, an die Grenzen des legal Erlaubten geht. Die kühle Tanja Lorenz, mit ihren kurzen, roten Haaren und dem slicken, ultramodernen Büro, das merken wir schnell, ist viel zu wenig schrullig und verstaubt, um Teil des „alten“ Unibetriebs zu sein. Sie siedelt sich und ihre Theorien näher bei den Neurocyborgs eines Elon Musk an als bei den Gänsen eines Konrad Lorenz. Das ist der Grund für ihre Nähe zum Biohacking: Lorenz selbst hat ein Hinterzimmer (ein ziemlich großes Kellergeschoss) für private genetische Experimente.

Schnell wird klar, dass da der Größenwahn der modernen, eher kommerziell orientierten Wissenschaft, die alles im Schnellverfahren erledigen will und auf Grundlagenforschung pfeift, entlarvt werden soll. Dem entgegen gestellt wird ein persönliches Schicksal, ein Opfer rücksichtloser, geheimer Tests. Mehr soll nicht gesagt werden.

Doch auch die Heldin Mia selbst stellt sich als überaus berechnend heraus und führt nicht nur ihr erstes Liebesobjekt Jasper und Tanja Lorenz an der Nase herum, sondern auch uns Zuschauer. Vielleicht sollte man der neuen Natur, in die permanent künstlich eingegriffen wird, einfach nicht trauen. Erschraken Frauen früher noch, wenn sie einer Maus begegneten, so jagt Mia nächtens in der Bibliothek einem putzigen fluoreszierenden Nager nach und lernt so Jasper auf witzige Art kennen. Wie überhaupt all die Biohacking-Experimente sich – zusammen mit sanften Hinweisen aufs Datenmissbrauchsthema – wie ein Netz über die Story spannen und ein Gefühl für eine neue Welt vermitteln. Eine Welt, in der auch mal ein Experimentchen schiefgeht. Aber nicht nur. Sondern auch eine Welt, in der sich die Dinge auch plötzlich in einen Alptraum wenden können…

BIOHACKERS ist eine durchaus unterhaltsame sechsteilige Serie, die weder besonders anspruchsvoll oder clever daherkommt, aber durchaus Suspense bietet. Muss man nicht sehen, aber man kann.

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Biohackers, Deutschland 2020 | Regie: Christian Ditter | Darsteller: Luna Wedler, Thomas Prenn, Jessica Schwarz, Adrian Julius Tillmann, Caro Cult, Jing Xian | Laufzeit: 6x45min.

Die Serie läuft auf Netflix.

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Netflix