Sci-Fi-Horror: Colonel Edward Carruthers (der spätere „Daktari“-Seriendoktor Marshall Thompson), Kommandant des US-Raumschiffs Challenge 141, ist im Januar 1973 auf dem Mars bruchgelandet. Sechs Monate später holt ihn Kollege Van Heusen mit der Challenge 142 ab – als Gefangenen: Carruthers steht im dringenden Verdacht, seine neun Kollegen ermordet zu haben, um das eigene Überleben zu sichern, und soll nun vors Kriegsgericht in Washington. Dass es ein marsianisches Monster war, das die Crew tötete, will ihm keiner glauben, nur Ann Anderson, die hübsche Geologin – und Liebste von Van Heusen. Der will Carruthers noch vor Erreichen der Erde ein Geständnis abpressen. Doch halt, was ist das für ein Gerumpel da unten im Frachtraum…?
Nein, der Film ist nicht perfekt; das Produkt der nahezu unbekannten Independent-Firma „Vogue Pictures“, ins Kino gebracht von United Artists, kann sich dennoch sehen lassen, hat dank der zupackenden Regie von B- und C-Routinier Edward L. Cahn ein gutes Tempo, besitzt durchaus Spannung, ein beinahe ikonisches, da in SF-Monografien gern abgelichtetes Monster (auch wenn das Kostüm am Körper schlackert und die Maske, ach, die Maske…), ist ausdrucksstark fotografiert (Kamera: Kenneth Peach), ansehnlich ausgestaltet (Art Director ist der elfmalige Robert-Aldrich-Mitarbeiter William Glasgow).
Und, das ist aus heutiger Sicht fast das Beste: IT! ist neben Mario Bavas sieben Jahr später entstandenem Meisterwerk PLANET DER VAMPIRE (TERRORE NELLO SPAZIO; Italien 1965) das lang ersehnte erste „missing link“, das uns zu Ridley Scotts Sci-Fi-Horror-Überklassiker ALIEN – DAS UNHEIMLICHE WESEN AUS EINER FREMDEN WELT führt (ALIEN; Großbritannien 1979; Drehbuch: Dan O’Bannon). Wir sehen ALIEN – oder zumindest Teile daraus – sozusagen als groben, billigen Vorentwurf, trotzdem voller phantastischer Ideen, die das 69 Minuten kurze B-picture-Format geradezu sprengen – darunter einige, die sogar auf spätere ALIEN-Fortsetzungen hindeuten. Für Archäologen der Kinohistorie ist IT! ein Freudenfest.
IT!, der bei uns nie ins Kino kam und erst jetzt von Synchronregisseur Bodo Traber gekonnt ins Deutsche übertragen wurde, kommt einem in manchen Momenten wie ein Space-Western vor (Pistolen und Gewehre gehören zur Astronauten-Grundausstattung, Zigaretten übrigens auch), überrascht dann aber doch mit seiner generell dystopischen Ausrichtung: Das stolze Pionierprojekt der „interplanetarischen Weltraumfahrt“ Amerikas endet schon im Hinflug als Tragödie, der Rückflug gestaltet sich kaum minder prekär, das Ende entlässt uns gar mit einer klaren Warnung vor derlei Abenteuern, zumindest wenn es um den Roten Planeten geht, denn rot ist tot.
Drehbuchschreiber Jerome Bixby, ein wissenschaftlich seriöser, aber eher unkannt gebliebener Autor von 1300 Kurzgechichten unter 50 Pseudonymen und Ideengeber des späteren Körperreise-Klassikers DIE PHANTASTISCHE REISE (FANTASTIC VOYAGE; USA 1966; R: Richard Fleischer), zeigt den omnipotenten USA die (utopischen) Grenzen auf und mokiert sich über die damals als segensreich gepriesene Atomkraft. Sie mag ein idealer Raketenantrieb sein, ist aber immer noch eine scharfe Waffe und würde, wie es hier heißt, hundert Männer auf einmal töten – selbst das vermaledeite Alien?
Im Grunde genommen ist IT! nur die Weltraum-Variante des sieben Jahre früher erschienenen Sci-Fi-Klassikers DAS DING AUS EINER ANDEREN WELT (THE THING FROM ANOTHER WORLD; USA 1951; R: Christian Nyby; P: Howard Hawks), einem erklärten Lieblingsfilm von Jerome Bixby. Aus dem Monster in der arktischen Forschungsstation machte er das Monster im Raumschiff, ganz ähnlich also, doch das All macht den Unterschied. Wer hätte geahnt, dass seine Konstruktion einmal zu ALIEN führen würde? So inspiriert sich die Filmgeschichte immer wieder aus sich selbst.
Als Doppel-Format-Ausgabe (DVD plus Blu-ray) in der „Galerie des Grauens“ beim Genrespezialisten Anolis aufgelegt, ist IT! DER SCHRECKEN LAUERT IM ALL bestens ausgestattet. Eine besondere Freude ist das liebevoll gestaltete, farbige Booklet mit dem profunden Text von Ingo Strecker (trotzdem bitte erst NACH dem Film lesen!). An Kommentaren gibt es gleich drei: Zum einen parlieren Dr. Rolf Giesen, Uwe Sommerlad und Volker Kronz in munterster Weise über „Raketenfilme“ (so hieß Science-Fiction in den Fünfzigern auf Treudeutsch), Sputnik-Schock oder Nikotin-Warnung à la Adolf Hitler; zum anderen bleiben Ingo Strecker und Pelle Felsch mit ihren biografischen Erläuterungen und ästhetischen Beobachtungen erfreulich nah am Film; und für eventuelle Käufer aus Übersee haben Giesen und Kronz noch eine Kurzfassung in englischer Sprache beigesteuert. Ein wirklich volles Paket!
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It! The Terror From Beyond Space | USA 1958 | Regie: Edward L. Cahn | Darsteller: Marshall Thompson, Shirley Patterson, Kim Spalding, Ann Doran, Ray Corrigan u.a.
Anbieter: Anolis Entertainment