Eine moderne deutsch-französische Familie fährt für ein entspanntes Wochenende in das Elternhaus der Mutter Nina an der belgischen Küste. Doch aus dem schönen Kurzurlaub wird nichts, denn bei der Ankunft hört Nina Fremde im Haus. Der Einbruch in die Privatsphäre hinterlässt bei ihr eine diffuse Angst. Sie vermutet, er könnte etwas mit der Werbeagentur des Paares zu tun haben, für die ihr Mann Jan ohne ihre Zustimmung den Auftrag einer politischen Partei angenommen hat. Und warum war er nicht im Haus? Jan dagegen ist skeptisch, ob sie sich den Einbruch vielleicht nur eingebildet hat. Kleine Brüche nisten sich im Familiengefüge ein und wachsen wie ein Schimmelgeflecht an die Oberfläche.
Die Geschichte wird fünf Mal aus der Perspektive der Eltern, der beiden jugendlichen Kinder und der Ratte erzählt, die der Sohn als Haustier hält. Jede Perspektive wirft neue Fragen auf, und „die einzige, die vielleicht objektiv ist, ist diejenige der Ratte”, erzählt Produzent Martin Rehbock im Gespräch. Der Einbruch in die eigene Sphäre, „das Gefühl, ich bin nicht safe”, funktioniere für die Geschichte „als Katalysator für Konflikte, die vorher schon da sind”. Das gegenseitige Misstrauen, das in der Familie wächst, entwickelt eine eigene, zerstörerische Dynamik. Das ist stringent und bis zum Schluss spannend erzählt, auch weil die Kamera in jedem Perspektivstrang auf Augenhöhe ist.
Als Produzent war Rehbock froh, dass der Film kurz vor dem ersten Corona-Lockdown schon abgedreht war. Nur für die Postproduktion, die teilweise in Dänemark stattfand, musste improvisiert werden. Das Familiendrama wurde erfolgreich auf dem „Sundance”-Filmfestival, der Berlinale und zuletzt auf den „Nordischen Filmtagen” in Lübeck gezeigt. Es läuft Anfang 2022 in den Kinos an.
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Der menschliche Faktor | Deutschland, Italien, Dänemark 2021 | Regie: Ronny Trocker | Drehbuch: Ronny Trocker | Kamera: Klemens Hufnagl | Musik: Anders Dixen | Darsteller: Mark Waschke, Sabine Timoteo, Wanja Kube, Jule Hermann u.a. | Laufzeit: 103 Min.