Ein Amerikaner in Rom.

Das Erscheinen von Sergio Corbuccis Django-Vorläufer MINNESOTA CLAY legt einige Überlegungen zur Film-Emigration nahe, nicht der aus Deutschland und anderen europäischen Ländern nach Amerika, sondern der aus den USA nach Italien. Es begann zögerlich mit unglücklich verlaufenden Dreharbeiten zum stummen BEN HUR in den 1920er Jahren, die dann nach Hollywood zurückverlegt wurde, und mit Hal Roachs gescheitertem Plan, eine Filmgesellschaft (RAM Roach & Mussolini) mit dem Sohn des italienischen Duce zu gründen.

Richtig los ging es in den 1950er Jahren, als die Amerikaner in Rom die Kulissen von QUO VADIS stehen ließen. Während sein Kollege Carlo Ponti lieber kleckern mochte, hatte Dino De Laurentiis Großes im Sinn. Er holte Hollywood-Stars an den Tiber: Kirk Douglas und Anthony Quinn in DIE FAHRTEN DES ODYSSEUS, Henry Fonda, Mel Ferrer und Audrey Hepburn. Auf die Großen folgten die reichlich mit großen Muskeln Bepackten, die Bodybuilder Herkules, Maciste, Ursus & Co.: Steve Reeves, Mark Forest, Mickey Hargitay, Ed Fury.

Ihnen ging es sichtlich gut in Italien: der Wein floss in Strömen, die italienische Küche versorgte die hungrig Angereisten mit Pasta. Das sprach sich in Hollywood herum wie ein Lauffeuer. Mit dem langsamen Dahinsiechen der amerikanischen Kinofilm-Produktion in der Blütezeit des Fernsehens in den 1960er und frühen 1970er Jahren ging es dann richtig los. Einer, der mitzog, war Cameron Mitchell (1918-1994). Im Gefolge von Kirk Douglas‘ WIKINGERN, zum Teil bei der Bavaria in Geiselgasteig entstanden, drehte er in Italien den LETZTEN DER WIKINGER unter der Regie von Giacomo Gentilomo und DIE RACHE DER WIKINGER mit Mario Bava. Er war JULIUS CÄSAR, DER TYRANN VON ROM und CESARE BORGIA. In Hollywood war er auf Nebenrollen abonniert gewesen, in Rom bekam er Hauptrollen.

Dann begannen die Deutschen um den Constantin-Filmverleih in Jugoslawien sentimentale Western nach Karl May zu drehen, die ein gutes Geschäft wurden. Die Idee dazu stammte von dem US-Rückkehrer Wilhelm Dieterle, der aber offensichtlich mit der im Filmgeschäft üblichen Liebenswürdigkeit ausgebootet wurde. Schließlich floss Constantin-Geld auch nach Italien, zwecks Finanzierung von Sergio Leones weniger sentimentalen, dafür rauen und brutalen DOLLAR-Filmen nach japanischem Samurai-Vorbild. Und ab dem Zeitpunkt schossen sich die amerikanischen Emigranten, von Cameron Mitchell über Clint Eastwood bis Henry Fonda, in Italien und im benachbarten Spanien durch eine Welle von sogenannten Spaghetti-Western. Und einer der ersten – darum auch bedeutsam – war MINNESOTA CLAY, nach KEINEN CENT FÜR RINGOS KOPF Corbuccis zweiter Western. Wie Tim Lucas schrieb, stand Corbucci auch Mario Bava zur Seite. Cameron Mitchell als halb erblindeter (!) Revolverheld, kein Übermensch also, sondern ein normaler Sterblicher, im Feuer zweier Verbrecherbanden. So erfolgreich waren die Italo-Western auch in der Bundesrepublik, dass der Atlas-Filmverleih den John-Ford-Film STAGECOACH von 1939 unter dem Titel RINGO mit einleitender Italo-Western-Musik neu in die Kinos brachte.

Erschienen ist der Western nun in empfehlenswerter Neuabtastung auf Blu-ray. Neben internationalen Trailern findet sich eine Bildergalerie. Geboten werden neben der deutschen Synchronfassung auch der italienische und englische Ton mit wahlweise zuschaltbaren Untertiteln.

Minnesota Clay
Italien / Frankreich / Spanien 1964
Regie: Sergio Corbucci
Darsteller: Cameron Mitchell, Fernando Sancho, Alberto Cevenini, Georges Rivière, Antonio Casas u.a.

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