Klar, dass der große Erfolg von Hammers erstem Frankenstein-Film den Gesetzen des Marktes nach einer Fortsetzung verlangte. So entkommt der Baron doch dem Fallbeil und lebt nun inkognito als Dr. Stein in Franken, nein, im beschaulichen Carlsbrück, nicht ohne seine Forschung konsequent fortzusetzen.
Die sieben Einträge der Hammer Filmproduktion um Baron Frankenstein zählen mit zu den herausragenden Einträgen der legendären Filmschmiede. Das liegt natürlich an Peter Cushing, der den titelgebenden Charakter in sechs der Filme verkörpern durfte. Diese Gesichtszüge, diese Mischung aus Aristokratie, Eiseskälte und Besessenheit, ohne die Figur für den Zuschauer zur Unperson zu machen, ist immer wieder faszinierend mit anzusehen.
Was mir bei der erneuten Sichtung auffiel, ist die bereits hier ausgestellte Rücksichtslosigkeit Victor Frankensteins. Der Nebel der Vergessenheit hatte sich über die Jahre auf den Film gelegt; und so blieb als Einordnungsfragment lediglich haften, dass die beiden Frankenstein-Einträge aus den 1950ern noch etwas wohlwollender mit ihrer Hauptfigur umgingen, als die späteren Filme aus der Reihe. Doch wahrscheinlich lag es an Cushings oben erwähntem Spiel, denn schon hier ist Frankenstein der skrupellose Soziopath, dem nichts außer seiner Forschung noch nahe geht. Das wird schon zu Beginn deutlich, als er den Tod durch einen von ihm ausgelösten Herzstillstand des Grabräubers gleichgültig als Betriebsunfall hinnimmt.
Auch der spätere Hauptkonflikt mit seinem erschaffenen Wesen beruht auf seiner Unfähigkeit, sich für die Nöte und die persönlichen Befinden der Leute um ihn herum zu interessieren. Karl, der sich als Transplantationsobjekt anbietet, ist für ihn exakt nur dies. Seine Beweggründe für diese Bereitschaft sind ihm nicht bekannt und so sind sie neben dem mitfühlenden-weiblichen Element der Katalysator, der dann zur Katastrophe führt.
Hinzu kommen die üblichen, liebgewonnen Hammer-Horror-Ingredienzien: eine überzeugende Besetzung, stimmungsvolle Studiokulissen, eine atmosphärische Filmmusik und das inszenatorische Geschick von Terence Fisher. Präsentiert wie immer in der liebevoll zusammengestellten Anolis-Hammer-Serie: Neben dem Hauptfilm in bestechender Qualität gibt es einen Audiokommentar, zwei Dokumentationen, die „Trailers from Hell“-Ausgabe zum Film sowie diverse zeitgenössische Werbematerialien. Für den deutschen Vorspann wurde übrigens auf eine ältere TV-Ausstrahlung zurückgegriffen, mitsamt kurioser Anmoderation.
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The Revenge of Frankenstein | GB 1958 | Regie: Terence Fisher | Darsteller: Peter Cushing, Francis Matthews, Michael Gwynn, Eunice Gayson u.a.
Anbieter: Anolis Entertainment