Gestern war heute noch morgen.

Künstliche Intelligenz à la 1954, durchaus auf der populärwissenschaftlichen Höhe der Zeit. Natürlich will GOG vor allem eine Spannungsgeschichte erzählen, aber dies mit der vehementen Ambition wissenschaftlicher Authentizität, so dass man sich stellenweise in einem Dokumentar- oder vielmehr einem Lehrfilm wähnt. Die didaktische Attitüde wirkt heute sympathisch nostalgisch, erinnert geradezu an Jules Verne, mit dessen Werk die moderne Science Fiction beginnt und der selbst die Form des Abenteuerromans verwandte, um populärwissenschaftliche Bildung zu betreiben. Ivan Tors, der Produzent und die treibende Kraft hinter den Filmen um das „Office of Scientific Investigation (O.S.I.)“, wandte sich später Unterwasserabenteuern zu und erfand u.a. den treuen „Flipper“, bereicherte aber die Science Fiction der 1950er Jahre um die Variante der „Science Fact Thriller“, die ihr Bemühen auszeichnete, den Plots eine gewisse wissenschaftliche Akkuratesse zu verleihen. Manchmal indes blieb es beim bloßen Bemühen, und mit am faszinierendsten sind im Nachhinein die Vorgänge, die in Jargon und Logik perfekte wissenschaftliche Mimikry bieten, aber eigentlich barer Unsinn sind.

Die kleine Reihe umfasst nur die Filme THE MAGNETIC MONSTER, GOG und RIDERS TO THE STARS; Tors produzierte danach fürs Fernsehen und schuf die innovative Serie „Science Fiction Theater“, die durchaus ihrer Zeit voraus war und Mitte der 50er bereits in Farbe produziert wurde. Im Kino hatten inzwischen Urzeitmonster und Rieseninsekten das Regime übernommen, der Pulp hielt Einzug und die Blüte seriöser Science-Fiction-Filme der früher 50er Jahre verwandelte sich zunehmend in einen neuen Monsterfilm-Boom.

Die Ermittler des O.S.I. treten auf den Plan, wenn es rätselhafte „wissenschaftliche“ Phänomene aufzuklären gilt (und gehen insofern ihren japanischen Kollegen vom „S.R.I.“ oder dem britischen „Doomwatch“-Team voraus), seien es magnetische Anomalien in einem Eisenwarenladen mitten in Downtown L.A. oder mysteriöse Todesfälle in einem streng geheimen, unterirdischen Forschungslabor in abgelegener Wüstengegend. Zwei der Koryphäen, die sich dort der Grundlagenforschung der Weltraumfahrt widmen, sind bereits offenbar durch einen Computerfehler zu Tode gekommen, anderen steht das grausige Ableben noch bevor. Dr. Sheppard (Richard Egan) vom O.S.I. kann sich zunächst ebenso wenig erklären, warum die Maschinen der vollautomatisierten Station die Belegschaft umbringen, wie der Projektleiter Dr. Van Ness (Herbert Marshall). Doch schon bald wird klar, dass der Zentralrechner NOVAC (sein Name steht für „Nuclear Operated Variable Automatic Computer“) böse Absichten hegt, und er verfügt in den Robotern „Gog“ und „Magog“ (ihre Namen sind eher biblischen Ursprungs) über gefährliche Werkzeuge. NOVAC steht unter Einfluss einer unbekannten Macht, und tatsächlich erscheint immer wieder ein seltsames Ufo am Himmel über der Station, wenn ein neuer Mord bevorsteht…

Mit NOVAC findet der SF-Film zu einem seiner ersten amoklaufenden Computer, und im glaubwürdigen Design der Roboter war GOG geradezu ein kleiner Meilenstein der Moderne: Auf Raupenketten und mit ausfahrbaren Armen und Gerätschaften erinnern sie tatsächlich an heutige Industrieroboter und unterscheiden sich deutlich vom bis heute in der SF oft üblichen Konzept mechanischer Menschen (auch wenn ihre an Kistenteufelchen erinnernden Köpfchen die Realistik etwas trüben). Auch haben die Roboter keine Persönlichkeit, sind simple Maschinen, die teils mit ungeheurem (Rechen-)Aufwand – gesteuert werden sie per Lochstreifen – einfache Verrichtungen ausführen. Und doch natürlich ist der Film in erster Linie ein Dokument seines Zeitgeistes, namentlich der ausgehenden McCarthy-Ära. Die Angst vor Atom- und anderen Spionen ist allgegenwärtig und der mörderische Computer wurde, so erfahren wir, in Europa programmiert und dabei vermutlich mit einem Killer-Bug versehen, um Dr. Van Ness an der Realisierung seines Traumprojekts zu hindern: Der Entsendung eines strategischen Satelliten in eine Erdumlaufbahn, um die Vorherrschaft des freien Westens im Weltraum zu sichern.

Im Vergleich zu dem dynamischen MAGNETIC MONSTER wirkt GOG erheblich statischer und dialoglastiger; die Handlung spielt ausschließlich innerhalb des unterirdischen Laborkomplexes und beschränkt sich auf wenige wiederkehrende Sets und Tableaux, bevölkert mit eher papiernen Figuren. Dennoch gelingen dem damals noch jungen Herbert L. Strock (sonst berüchtigt für I WAS A TEENAGE FRANKENSTEIN oder DER SATAN MIT DEN 1000 MASKEN) einige so klaustrophobische wie bizarre Actionszenen mit delirierenden Gewalteruptionen. Sicherlich kein Klassiker der ersten Güteklasse, aber in jedem Fall eine (Wieder-)Entdeckung wert.

2017 auf der SF-Retrospektive der Berlinale wurde die restaurierte 3-D-Fassung des Films vorgestellt, die auch dieser qualitativ akzeptablen Bluray-Edition zugrundeliegt. Enthalten sind mit Normalformat-, Widescreen- und 3-D-Fassung drei separat anwählbare Versionen; die deutsche Synchronisation wurde in den 90er Jahren fürs Fernsehen erstellt.

Gog
USA 1954
Regie: Herbert L. Strock
Drehbuch: Tom Taggart, Richard G. Taylor, Ivan Tors
Kamera: Lothrop B. Worth
Musik: Harry Sukman
Darsteller: Richard Egan, Constance Dowling, Herbert Marshall, Philip Van Zandt u.a
Laufzeit: 83 Min.

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Ostalgica

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