Death is not the End.

RESTORE POINT ist ein aufregender tschechischer Science-Fiction-Krimi, der in einer dystopischen Heute-Zeit spielt. Heute plus 18 Jahre, um genau zu sein, die allerdings den Unterschied machen. Europa im Jahr 2041 ist, wie es sich heute bereits abzuzeichnen scheint: gleich, aber abgefuckter. Prag sieht zwar aus wie eine Millionenstadt mit bedrohlich in den Himmel gekrümmten Corporate-Hochhäusern. Die Vorstädte und Wälder dagegen sind voller großer und kleiner gelitterter Abfallstücke wie etwa Kühlschränke. Schöner ist Europa nicht geworden.

Den Menschen insgesamt geht‘s schlechter, den reichen Menschen besser. Die Digitalisierung ist so weit vorangeschritten, dass alles nur noch mit Bewegtbild, Projektion, Touch-Visualisierungen ausgestattet ist: Nicht nur die Zeitungen harrypottern mit bewegten Bildern, auch Beschriftungen auf der Kleidung sind leuchtende Filme oder Polizeiabsperrungen funktionieren auf Hologramm-Basis im nächtlichen Raum. In Telefonaten stehen die 3-D-Projektionen der Angerufenen praktisch ununterscheidbar von echten Menschen vor dem Anrufer.

Eine große technologische Veränderung dominiert allerdings die Gesellschaft: Verstorbene Menschen können wieder zu Leben erweckt werden. Und die Gemeinschaft der europäischen Staaten hat – als eine Art Menschenrecht – eingeführt, dass jeder Mensch, der nicht eines natürlichen Todes gestorben ist, das Recht auf Weiterleben erhält. Vor dem Hintergrund steigender sozialer Ungerechtigkeit und Armut sowie zunehmender Kriminalität ist das schönes Opium fürs Volk. Ausgeführt wird die Wiederbelebung allerdings nur, wenn die verstorbene Person über ein Update ihres Gehirns verfügt, das nicht älter als 48 Stunden ist. Die Werbeflächen an den gigantischen Hochhäusern erinnern permanent mit der Frage „Have you backed up today?“ daran. Und die Menschen sind besessen davon, Backups von sich zu machen.

Die 48-Stunden-Diskrepanz zwischen Herztod und Hirntod legt bereits nahe, dass sich daraus ein wunderbarer Krimi spinnen lässt. Dementsprechend ist RESTORE POINT auch eine gelungene Hommage an den SciFi-Kriminalfilm schlechthin, BLADE RUNNER. Im Zentrum von RESTORE POINT steht eine weibliche Ermittlerin, Emma Trochinowska, genannt „Em“ (Andrea Mohylova), die wegen des Mordes an ihrem Ehemann eine auch sehr persönlich gefärbte Jagd auf die Terrorgruppe „River of Life“ führt. Die rückschrittliche Terrorgruppe versucht mit aufsehenerregenden Massenmorden an der Zivilbevölkerung die Auferstehungstechnologie in Frage zu stellen. Bald jedoch führen Ems Nachforschungen ins Institute of Restoration, dem Unternehmen, das allein fähig ist, die Wiederbelebungen vorzunehmen – und dessen CEO einen Weg sucht, um sie zu privatisieren.

Im spannend inszenierten Cyberpunk-Film liegt es nahe, dass sich Ems Nachforschungen irgendwann auf die neue Technologie konzentrieren. Als der Erfinder der Technologie, David Kurlstat (Matej Hadek), und dessen Frau ermordet werden, verwundert es doch, dass ausgerechnet die beiden kein Restore-Backup gemacht hatten, mit dem man sie wiederbeleben könnte. Kein Backup, keine Reproduktion der Zeit vor dem Tod. Um dem trotzdem nachzuspüren, verwendet Em Tricks, die das Regelwerk der Technologie raffiniert ausnutzen. Natürlich gibt es auch den einen oder anderen Widerspruch, doch das stört nicht den Sehgenuss und die Spannung.

Denn RESTORE POINT ist ein ungewöhnlicher, spannender SciFi-Film mit wunderbarem Set Design, von den vielen bewegten und leuchtenden Erfindungen bis zu den liebevoll ausgestatteten, stets originellen Innendekors – wie zum Beispiel Ems Klavier mit den blauen Tasten. Im Erstlingswerk von Robert Hloz geht es nicht um ethische Konsequenzen der Idee, dass Menschen aus dem Tod ins Leben zurückgeholt werden können, sondern um die Art der Regulierung. Es entstehen auch aus dieser großen Errungenschaft Regeln, die selbst in ihrer Einfachheit komplexe juristische und menschliche Implikationen nach sich ziehen – und nicht zuletzt auch darum, in welcher Gesellschaft diese große technische Innovation stattfindet. In einem Kapitalismus in staatlichen Grenzen oder in einem entfesselten privatisierten Kapitalismus?

Bod Obnovy
Tschechien, Slowakei, Polen, Serbien 2023
Regie: Robert Hloz
Drehbuch: Tomislav Cecka, Zdenek Jecelin
Kamera: Filip Marek
Darsteller: Andrea Mohylova, Karel Dobry, Tomasz Kot, Adam Vacula, Jan Vlasak, Vaclav Neuzil u.a
Laufzeit: 113 min.

Der Film lief am Neuchâtel International Fantasy Film Festival 2023