Als die legendären Hammer Film Productions Ltd. im Jahr 1957 begannen in Farbe zu drehen, bot es sich an, statt weiter auf Science-Fiction und Abenteuerfilme zu setzen, fortan in ein Genre einzusteigen, dessen Merkmale durch den Einsatz von Farbe erst voll zur Geltung kommen konnten: das Horrorgenre. So brachte Hammer zunächst vor allem klassische Filmmonster wie den Werwolf oder die Mumie zurück. Weltweiten Ruhm sollte das Studio aber durch die Neuinterpretation der Figuren Frankenstein und Dracula erlangen.
Nach dem Farberstling FRANKENSTEINS FLUCH mit Peter Cushing und Christopher Lee machte man sich bei Hammer an die Vorbereitungen für ihren bis heute wohl wichtigsten Film: DRACULA (1958) mit Christopher Lee in der Titelrolle.
In eben diese Zwischenphase fällt ein Film des Konkurrenzduos Robert S. Baker und Monty Berman, die schnell verstanden hatten, dass diese alten Stoffe in Farbe eine lukrative Einnahmequelle wären. Anstatt sich wie Hammer einem reinen Remake zu widmen, versuchte man mit DER DÄMON MIT DEN BLUTIGEN HÄNDEN (BLOOD OF THE VAMPIRE) gleich mehrere Genres miteinander zu verbinden. Obwohl zu Beginn des Films gezeigt wird, wie der Hauptschurke Dr. Callistratus als vermeintlicher Vampir mit einem monströsen Holzbalken gepfählt wird, geht es nur vordergründig um Vampirismus. Callistratus ist vielmehr eine Art untoter mad scientist, der dringend das Blut einer ganz bestimmten Blutgruppe benötigt, um weiterleben zu können. Hierfür hat er im Keller seiner Nervenheilanstalt ein geheimes Labor eingerichtet, wo er unschuldigen Patienten das Blut entzieht, um es seinem eigenen Körper zuzuführen.
Die Hauptverbindung zu Hammer stellt der Drehbuchautor Jimmy Sangster dar, der auch für die Skripte zu FRANKENSTEINS FLUCH und DRACULA verantwortlich war. So ist es kein Wunder, dass dem Zuschauer in DER DÄMON MIT DEN BLUTIGEN HÄNDEN vieles vertraut vorkommt. Beide Streifen spielen in Karlstadt und beide eröffnen mit einer eine Szene in einem Gasthaus, wo Reisende absteigen und von den dunklen Machenschaften des Hauptschurken erfahren. Auch das alchimistisch anmutende Laboratorium wirkt mit seinen auf OP-Tischen festgeschnallten lebenden und toten Probanden sehr frankensteinesk.
Leider reicht eine ähnliche Story aus der Feder desselben Autors allein nicht aus, um einen ähnlich guten Film zu produzieren. Bereits die Besetzung mag nicht überzeugen: Hatten bei Hammers gothic horror Cushing und Lee regelmäßig für hochkarätige Darstellungen gesorgt, so agieren hier Donald Wolfit als Callistratus, Vincent Ball als unschuldig eingesperrter Arzt Dr. Pierre, Victor Maddem als buckliges Hausfaktotum Carl, sowie Barbara Shelley als Balls love interest Madeleine.
So sehr sich Wolfit auch Mühe gibt, den autoritären Schurken zu mimen – das was die Rolle eigentlich vorsieht (und wie es Cushing vortrefflich gelungen war), nämlich so etwas wie Genie und Wahnsinn zu verkörpern, will ihm nicht so recht gelingen. Hinzu kommt, dass Wolfit, aus welchem Grund auch immer, eine künstliche Nase angeklebt wurde (mit der er extrem nach Grandpa Munster aussieht), die nicht nur deutlich als solche erkennbar ist, sondern die auch noch von Szene zu Szene anders aussieht. Getoppt wird dies nur noch durch Carls falsches, lebloses Auge, das ebenfalls über sein Gesicht zu wandern scheint, wobei es auch noch immer wieder die Farbe wechselt.
Während Hammer seine Schauerfilme fast immer in den stark beengten Bray-Studios drehen ließ (welche durch ständige Wiederverwendung der Kulissen zu einem Markenzeichen der Hammer-Reihe avanciert sind), entstand DER DÄMON MIT DEN BLUTIGEN HÄNDEN in den wesentlich weitläufigeren Allliance Studios in Twickenham, was ihm allerdings kaum zugutekommt.
Die Bildgestaltung stammt von Monty Berman selbst, der mit den sehr passablen Kulissen nicht viel anzufangen wusste. Viel zu oft verwendet er statische Totalen, was umso mehr auffällt, als er viele Szenen in einer einzigen Einstellung dreht, wodurch jede Art von Bilddramaturgie im Keim erstickt wird.
Die bezaubernde Barbara Shelley bleibt stets angezogen, selbst wenn die Handlung behauptet, dass ihr gerade sexuelle Gewalt angetan wird, und auch der Tod des verrückten Wissenschaftlers durch seine eigenen Wachhunde am Ende des Films wirkt wie gekonnt, jedoch nicht gewollt. Es ist kein Wunder, dass Regisseur Henry Cass später zwar noch einige Thriller inszenierte, aber vom gothic horror fortan die Finger ließ.
Aus heutiger Sicht ist DER DÄMON MIT DEN BLUTIGEN HÄNDEN nicht mehr als ein Film aus der Anfangszeit des farbigen Brithorrors, der unglaublich schlecht gealtert ist und selbst filmhistorisch kaum interessante Aspekte bietet. Dies erscheint umso tragischer, wenn man sich überlegt, was ein Regisseur wie etwa Hammers Liebling Terence Fisher daraus hätte machen können.
In Deutschland lief der Film mit einer passablen zeitgenössischen Münchner Synchro (man hört Werner Lieven als Callistratus und den jungen Reinhard Glemnitz als John Pierre) in den Filmtheatern. Da er später jedoch nie im Free-TV gezeigt und auch nicht auf VHS veröffentlich wurde, war er in Deutschland so gut wie unbekannt. Erst durch eine DVD von ems aus dem Jahr 2008 wurde er schließlich wieder verfügbar. Die aktuelle HD-Veröffentlichung von Anolis bietet eine gewohnt gute Ausstattung (es gibt zwei Audiokommentare, zwei Dokumentationen, sowie zahlreiche Spots und Trailer zu dem Film). Lediglich die Farbqualität schwankt in manchen Szenen ein wenig. Wer sich den Streifen also trotz seines eher geringen Stellenwertes im britischen Filmkatalog zulegen will, sollte hier zuschlagen.
Blood oft the Vampire
UK 1958
Regie: Henry Cass
Darsteller: Donald Wolfit, Vincent Ball, Barbara Shelley, Victor Maddern u.a.