Einmal pro Woche kommt eine Fähre. Sie bringt alles, was gebraucht wird, und ist die einzige Möglichkeit, diesen Ort zu verlassen. Die finnische Insel Utö bietet damit eine perfekte Vorlage für den Stoff einer Thriller-Serie.
Diese Serie wurde nun gedreht und auf den Nordischen Filmtagen 2024 präsentiert. Das Festival zeigte drei der acht Folgen im Nachtprogramm im Saal eines früheren Kinos, der für die Dauer des Festivals wieder zum Kino werden durfte – sozusagen ein Geister-Kino. Die dazwischen liegenden Folgen erzählte die Serien-Kuratorin im nächtlichen Saal.
Obwohl es da schon weit nach Mitternacht war, war das Publikum gefesselt – denn die Insel Utö bietet perfekten Stoff für Spannung, und die Miniserie ISOLATED erfüllt dieses Versprechen. Über die (fiktiven) Geschichten gut konzipierter Charaktere setzt sie Folge für Folge das soziale Gefüge und die Geschichte der Insel in Szene, behutsam und ohne billige Effekte, aber mit schön komponierten Plots, gut portionierten Überraschungen und einer gehörigen Portion Insel-Klaustrophobie.
Auf der isolierten Insel fällt plötzlich der Strom aus, es kommen keine Schiffe mehr, alte militärische Anlagen machen seltsame Geräusche, und dann verschwinden die Ratten und schließlich sogar Boote von der Insel. Die Bewohner wissen nicht, was geschehen ist und ob die Katastrophe auch das Festland betrifft, alle Telefonkontakte sind unterbrochen. Sie reagieren zuerst besonnen, organisieren sich, rationieren Essen, Wasser und Brennstoff.
Die Krise spült alte Konflikte an die Oberfläche: Ein Mann und eine Frau, die ihr Kind zu den Großeltern geschickt hat, hinterfragen ihre Beziehung und ihre Lebensentwürfe. Ein junges Paar trifft sich bei Kerzenschein im Leuchtturm, aber ein alter Jugendfreund ist eifersüchtig. Ein Investor, der einzige Gast im Inselhotel, scheint ein Geheimnis zu haben. Und es wird ein Crewmitglied der 1994 gesunkenen „Estonia“ angespült – lebendig.
Utö gibt es wirklich. Die Insel mit ihren 40 Bewohnern liegt 90 Kilometer vom finnischen Festland entfernt, die Hälfte ihrer Fläche war lange Militärgebiet. Sie wird bewohnt von vielen Fischern und ist touristisch vor allem bei Birdwatchern beliebt. Es war wichtig, dass die Dreharbeiten tatsächlich auf Utö stattfanden, erzählt Pihla Viitala, die für die Serie neben Kati Outinen vor der Kamera stand. „Von überall sieht man das Meer, und der Wind ist allgegenwärtig, er macht unglaublich müde“. Ihr Charakter wuchs dort auf und ist sehr verbunden mit der Natur, gleichzeitig möchte sie die Insel verlassen, wo es keine Perspektiven für sie gibt.
Viele Inselbewohner hatten bei den zweiwöchentlichen Dreharbeiten als Statisten am Set gearbeitet. Sie haben das Drehteam auch beraten, um das besondere Mindset der Inselbewohner zu verstehen. „Wenn du dort Hilfe brauchst, dann brauchst du wirklich Hilfe“, erzählt Regisseur Rane Tiukkanen. Denn die Fahrt vom Festland dauert fünf bis sechs Stunden und ist nicht bei jedem Wetter möglich. Sie haben in hunderten von Jahren gelernt, mit diesen Bedingungen umzugehen, und lassen sich nicht leicht aus der Ruhe bringen: „Jemand, der schnell Angst bekommt, lebt dort nicht“. Um die Insel, die in Finnland sehr bekannt ist, ranken sich viele Geschichten um verschwundene Schiffe und Geister, „sie ist der perfekte Ort für eine Mystery-Serie“.
Sein Team hat aus diesem Stoff nun eine Serie gemacht, die die Schönheit der Natur, eine Sozialstudie und den Inselkoller meisterlich komponiert. Die Kamera fängt gut gesetzte Szenen in Blaugrau- und Rot-Kontrasten ein, es gibt einen dichten Score und einen Cast, der einige der besten Charakterdarsteller Finnlands zusammen bringt. Am Ende fühlt es sich an, als wäre man auf Utö gewesen – an den schönsten Stränden und in den düstersten Militär-Ruinen.
Utö
Finnland 2024
Regie & Drehbuch: Lassi Vierikko, Petja Lähde, Markos Annalla, Johannes Salonen u.a.
Kamera: Henri Blomberg, Sten-Johan Lill, Aarne Tapola
Darsteller: Elena Leeve, Joonas Saartamo, Ville Virtanen, Pihla Viitala, Kati Outinen u.a.
Laufzeit: 8×45 min.