Umgarnt in Ungarn.

Der britische Agentenfilm SCHARFE KÜSSE FÜR MIKE FORSTER ist ein Zwischending: Zum einen ein Schwarzweiß-Agentenfilm mit klarem Ost-West-Kalter-Krieg-Fokus, wie der ungleich bessere Klassiker des Genres, DER SPION, DER AUS DER KÄLTE KAM – beide Filme haben dadurch den Appeal, als kämen sie aus den 1950er Jahren: Schwarzweiß wird in diesen Eiserner-Vorhang-Spionagefilmen geradezu zur Metapher für Ost-West, für eine Schwarz-Weiß-Perspektive auf den Ostblock. Westen gut, Osten schlecht. SCHARFE KÜSSE löst diese einseitige Perspektive durchaus ein.

Während in den bunten Eurospy-Filmen Mitte der Sechziger längst megalomane Bösewichte (statt der Sowjetunion) die Welt verunsichern, wird hier nochmal der Eiserne Vorhang als fremde Welt porträtiert. Mit der nicht ganz unrelevanten Ausnahme, dass sich Protagonist Mike Forster (Paul Maxwell) in Bezug auf seinen Frauenverschleiß noch leichtsinniger verhält als James Bond.

In SCHARFE KÜSSE lernen wir im Minutentakt attraktive Ungarinnen kennen. Anfangs in Wien im Négligée, später in Budapest. Über diese ungarischen Frauen, deren Reiz der US-Journalist Mike Forster nicht widerstehen kann, gerät er in den Ost-West-Konflikt. Diese erste Frau, Eva (was für ein Name!), vermittelt Forster, der tags drauf hinter den Eisernen Vorhang nach Budapest fliegt, ihren Kollegen Ferenc. Ferenc meldet sich am Flughafen bei Forster, mit einer großen Geschichte um den kranken Sohn seiner Schwester, der nur mit einem West-Serum geheilt werden könne. Medizinische Überlegenheit des Kapitalismus. Ehe sich Mike Forster dagegen entschieden hat, passiert er mit Päckchen die Grenze in Budapest und fährt schließlich zum Hotel. In einem Tourismusbus, mit einer attraktiven Tourführerin natürlich. Und mit Anmachsprüchen wie „Ich interessiere mich schon hier für die Stadt“, natürlich.

Auch die hübsche Taxifahrerin Magda (Zsuzsa Banki) hilft ihm, auf dem Weg ins Hotel an einer Telefonkabine zu halten, wo der ständig abgelenkte Forster den Zettel mit Telefonnummer und Adresse vergisst. Mit der verzweifelt-idiotischen Idee, die Mutter des Sohns im ungarischen Rundfunk auszurufen, will er doch noch an die Familie herankommen. Doch erst einmal platzt er im Hotelsaal in eine Modeshow (nicht gerade typisch Ostblock), an der er die amerikanische Modejournalistin Suzan (Terry Moore) kennen lernt. Man versteht sich – doch bevor man sich näher kommt, meldet sich die unbekannte Schönheit Ilona Kovac (die wunderbare Marisa Mell – DIABOLIK) bei ihm und gibt sich als die gesuchte Mutter aus.

In seinem Hotelzimmer werden die beiden sofort intim – auch wenn „da ist was faul“ ganz groß über der Szene schwebt. Doch Erotik geht vor: „Ungarns Frauen sind bekannt für ihre Schönheit. Und das scheint zu stimmen.“ – „Amerikas Männer sind bekannt für ihr Tempo. Und auch das scheint zu stimmen.“ Erst mal geküsst – und irgendwann bemerkt Forster, dass sich im Schmuggelpaket kein Serum befindet, sondern zwei Reisepässe. Ausgestellt auf Ilona und ihren Vater Dr. Paul Kovac (Albert Lieven), ein Kernphysiker, der sich in den Westen absetzen will.

Nachdem ein Zimmermädchen ihm noch die einfach zu begreifende Message „Ich habe Dienst die ganze Nacht“ aus ihrem Strumpf gezogen hat, wird’s etwas komplexer für Forster. Die Gegenseite hat auch ihre Agenten in petto. Forster wird verfolgt, Schlägereien ausgesetzt, ihn treibt‘s von schmuddligen Nightclubs in geheimnisvolle Herrschaftshäuser (wo Ilona vom Feudalismus, „den alten Reichtumszeiten“, schwärmt) und schließlich auf eine wilde Flucht durch Ungarns Landpartien.

Mike Forster mag nicht der intelligenteste Spion sein, doch er kann‘s mit den Frauen. Und mit einer – das ist sozusagen der Metaclou des Films – besonders: Die Amerikanerin Suzan läuft ihm immer wieder über den Weg. Sie hilft ihm. Die Landsfrau ist die einzige, der er wirklich vertrauen kann und die dieselbe Leichtigkeit im Ton hat. Am Ende wird der kulturelle Gap nicht überwunden, trotz einer Unmenge an Möglichkeiten … an Frauen.

Fazit: Muss man nicht sehen, ist aber anständig gemacht, mit einigen durchaus schönen Schwarzweiß-Einstellungen. Originaltitel ist übrigens CTY OF FEAR – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Serie Noir Thriller von Irving Lerner aus dem Jahr 1959.

City of Fear
Grossbritannien 1965
Regie: Peter Bezencenet
Drehbuch: Peter Welbeck
Musik: Johnny Douglas
Darsteller: Paul Maxwell, Terry Moore, Marisa Mell, Albert Lieven, Pinkas Braun, Helga Lehner, Zsuzsa Banki, Maria Takacs u.a.
Laufzeit: 89 min.

Fotos: ©
Pidax-Film

Anbieter:

Pidax

Pidax