Wann hat John Malkovich eigentlich seinen letzten guten Film gedreht? Dafür, dass er einen derart großen Kultstatus besitzt, der bereits in den 90er Jahren von Charlie Kaufman und Spike Jonze genährt wurde, kamen in den letzten Jahrzehnten kaum richtig überragende Filme mit Malkovich zustande. Meistens zieht er seine grandiose Rolle als Vicomte de Valmont in Stephen Frears‘ LIAISONS DANGEREUSES ins Übertriebene. Auch in OPUS spielt er seine gängige Persona, dieses Mal einen Oligarchen als Rockmusiker: Malkovich ist Alfred Moretti, ein Rockstar aus den 1990er Jahren, der jener Zeit als größter Rockstar aller Zeiten galt, sich danach in ein riesiges Anwesen in einer Wüstenlandschaft zurückzog und – wie wir erfahren werden – mit einer eigenen Philosophie inzwischen eher einem Sektenguru gleicht.
Nun hat dieser Moretti nach all den Jahren ein neues Album aufgenommen (übrigens amüsant-dümmliche Songs von Nile Rodgers und The-Dream) und lädt zu dessen Lancierung ganz exklusiv eine Handvoll Musikjournalisten in sein Wüstenanwesen ein – so, wie es zum Beispiel Kanye West im Jahr 2018 für sein Album „Ye“ machte, indem er ausgewählte Medienvertreter auf seine Ranch in Wyoming lud. Was nach einer interessanten A24-Horrorstory klingt, entpuppt sich leider als zahnloser Thrill. Und das, obwohl es doch ansprechende Blueprints für so etwas gibt, wie GLASS ONION, BLINK TWICE oder auch WHITE LOTUS. Wer eine dieser Stories in die Rockmusikwelt transferieren würde, hätte definitiv einen Winnerfilm auf seiner Seite. Leider ist es in OPUS nicht so weit gekommen.
In OPUS werden gleich mehrere Themen zu wenig dezidiert ausgearbeitet, sprich: Sie sind langweilig. Da wäre zum einen die Satire auf die Klasse der Musikjournalisten, heute nicht mehr eine so umschwärmte und wichtige Personengruppe wie in den 1970er Jahren, als viel Musik den Trichter der Musikkritik durchqueren musste, um geadelt zu werden (vgl. ALMOST FAMOUS). Heute dagegen sind sie alle arschkriechend, ob Chefredaktor (Murray Bertlett), alte Rockgöre (Juliette Lewis) oder – ganz aktuell – eine Influencerin (Stephanie Suganami). Obwohl Regisseur Marc Anthony Green einst als Redakteur der Zeitschrift GQ mit Stars von Weeknd bis Janelle Monaé zu tun hatte, scheinen ihm in seinem Erstling einfach keine guten One-Liner, Dialoge oder Charakterisierungen eingefallen zu sein. Die Musikjournaille droppt etwa so lässige Lines wie ein Rohrverleger in einem Softsex-Movie.
Die einzig normalbegabte Figur im Film ist die überraschend eingeladene Journalisten-Praktikantin Ariel (Ayo Edebiri). Sie scheint ein Interesse zu haben, die Dinge zu reflektieren, und das Filmpublikum hält sich an ihr fest: Hier müsste das Interesse am Film seinen Nukleus haben, doch ihre Person erhält im Verlauf des Films immer verwirrendere Charakterzüge zwischen kindlicher Karriereambition, Naivität und Bescheidenheit bis hin zu echtem Interesse für die Dinge, manchmal sogar einem Verständnis für größere Zusammenhänge, die wir Zuschauer allerdings längst gerafft hatten. Also auch Ariel: Enttäuschend. Schade.
Ebenso schade wie die übertriebene, typisch malkovichig-affektierte Darstellung des Rockstars Alfred Moretti, der zum Sektenguru wurde. Bei seiner Figur kann sich der Film nicht entscheiden, ob er sich nun einfach exzentrisch aufführen will oder ob seine „Levelisten“-Philosophie, die er vertritt, irgendeine Relevanz in der Story erhalten soll. Denn eigentlich wohnen wir einem Rachefeldzug des großen Stars gegenüber den Medien bei. Die Journalisten haben permanente Bewacher, genau so, wie dem Star einst Papparazzi auf Schritt und Tritt folgten – und in einem Puppenspiel lässt Moretti weitere Demütigungen aufführen, die ein Superstar über sich ergehen lassen muss. So porträtiert der Film die Arroganz des Reich- und Startums, bleibt aber dramaturgisch und inszenatorisch ein ideenloses Wüstenspektakel. Man wundert sich, nach welchen Kriterien Malkovich (der Ex-Superstar) heute seine Rollen auswählt. Nach Identifikation?
Opus
USA 2025
Regie & Drehbuch: Mark Anthony Green
Musik: Nile Rodgers, The-Dream
Darsteller: Ayo Edebiri, John Malkovich, Juliette Lewis, Murray Bartlett, Melissa Chambers, Tony Hale, Stephanie Suganami u.a.
Laufzeit: 103 min.