Traumaklink im Weichzeichner.

Fahrt durch eine immer abgelegenere Waldregion. Diana (Grace Glowicki) auf dem Beifahrersitz soll sich von einem Trauma erholen, ihr Mann Homer (Ben Petrie) bringt sie zu einer Klinik, in der ein berühmter Arzt mit unkonventionellen Methoden des Problems Herr werden soll. Im herrschaftlichen Haus mitten im Wald geht es sehr ruhig, aber auch sehr seltsam zu und her.

Insbesondere für Diana, sie sich sehr schnell ausgeschlossen fühlt von den Heilungsverfahren der Klinik. Sie erfährt nicht, welche Tests an ihr durchgeführt werden. Lediglich von Homer gibt es hin und wieder Informationen, doch der fehlt oft für längere Zeit oder sie sieht, wie er sich verdächtig im labyrinthischen Park aufhält. Schließlich entdeckt sie Briefe mit beunruhigenden Botschaften. Auch zwei neue Patienten, Joseph (Jason Isaacs) und Tochter Josephina (India Brown), lassen nach erfrischendem Beginn uns Zuschauer an den Motiven der Menschen zweifeln (oder rätseln), die ihre Liebsten als Patienten in diese Klinik bringen.

Auf der anderen Seite hilft es natürlich nicht, dass Diana unter schwerem Gedächtnisverlust leidet, ein Trauma erlitten hatte und dadurch eine längere Zeit im Koma lag. Stimmt etwas mit ihrer Wahrnehmung nicht? Wahrnehmung und deren Lücken sind tatsächlich der Schlüssel zu diesem Film, der in seinem ausgebleichten, aber farbigen Vintage-Feel mit Zooms und soften Linsen eine eigenartige Zeitlosigkeit atmet, indem er Codes mehrerer Jahrzehnte zusammen friemelt. Die Musik im Auto und Dianas Kleidung verwiesen auf die frühen 1960er Jahre, Homers Schnauz und Locken scheinen eher den 1970er Jahren zu entstammen, während die Ernährungstipps und das Nachtessen sowas von healthy Gegenwärtigkeit zeigen.

In der Folge zieht der Film einige bekannte Register des geheimnisvollen Grauens, wie man sie seit Jack Claytons THE INNOCENTS (1961) kennt, aber mit Vergnügen und nicht ohne die Neugierde der Betrachtenden wach zu halten – um schliesslich eine (im wahrsten Sinne des Wortes) Abzweigung zu nehmen, die dann eine unerwartete Wendung bringt. Verraten sei hier nichts, doch der zweite Langfilm der Kanadier Dusty Mancinelli und Madeleine Sims-Fewer nach VIOLATION (2020) setzt sich überaus wohltuend von jeglichem Horror-Einheitsbrei ab – mit Spaß an weichgezeichneten Klischees.

Dummy

Honey Bunch
Kanada 2025
Regie & Drehbuch: Madeleine Sims-Fewer, Dusty Mancinelli
Kamera: Adam Crosby
Musik: Andrea Boccadoro
Darsteller: Grace Glowicki, Ben Petrie, Jimi Shlag, Kate Dickie, Jason Isaacs, India Brown u.a.
Laufzeit: 113 min.

Fotos: ©
Cat People 2024