Von Caroline Lin
2044 haben Sonnenstürme die Erde verstrahlt und die Menschheit auf nur noch wenige Millionen Exemplare dezimiert. Während seine Frau in einer vor der Radioaktivität streng abgeschirmten City hochschwanger daheim sitzt, untersucht Versicherungsagent Jacq einen zerschossenen Roboter und muss mit dem sich selbst reparierenden Exemplar Cleo vor Killer Wallace in die lebensfeindliche Wüste fliehen.
Nach seinem ausbaufähigen Debüt, dem Mysterythriller HIERRO, findet F/X-Experte Gabe Ibáñez zu einem intellektuell reizvollen Zukunftsentwurf, der eine BLADE RUNNER-Nacht in ELYSIUM-Schrott-Slums ausruft, dies gleichwohl differenzierter als Konsorten anpackt. Visuell und finanziell ist das pessimistische SciFi-Drama ansehnlich, dramaturgisch aber defizitär, was sich in inadäquaten Thrillerambitionen niederschlägt.
Aber Antonio Banderas steht als stoisch Sehnsüchtiger perfekt für die melancholic mood. Nach dem nervtötenden Auftritt in THE EXPENDABLES 3 passt sein kahlrasierter Trenchcoat-Typ ins Konzept, eine Mischung aus Harrison Fords Rick Deckard und einem ausgebrannten Pep Guardiola. In einer Plastikmüllwelt, wo nur noch 21 Millionen Menschen die radioaktiven Flares überlebt haben, sehnt er sich nach dem Meer seiner Jugend.
Als altgedienter Mitarbeiter der Robotik-Firma ROC streift er durch eine kaputte Stadt, wo sich trotz technologischer Regression eine Revolution anbahnt, auf deren Spur er stößt. Ein Arbeitsroboter, der sich selbst verbrennt und Sexroboter Cleo, der sich repariert – während 3D-Hologramme wie Geister über den Straßenschluchten flackern, haben die Maschinen die Asimov-Gesetze ausgehebelt und beginnen sich selbständig zu machen.
Der schmutzige Gegenentwurf zur Hitech-Hollywood-Aseptik von A.I. und I, ROBOT beginnt wie ein ermittlerisch avancierter und technisch versierter Krimi, mit Roboterobduktionen, einer mysteriösen Nuklearbatterie und Kids, die eine Wissenschaftlerin (Banderas Noch-Gattin Melanie Griffith, einst in CHERRY 2000 eine Sex-Androidin, leiht auch Cleo ihre Stimme) töten. REAL HUMANS-Schmalz hat in der trockenen Schnörkellosigkeit keine Chance.
Bis Jacq mit Cleo in die postapokalyptische MAD MAX-Wüste flieht, deren ausgeblichene Trockenlandschaft astrein aussieht, aber den Plot ausbremst. Mit drei weiteren freien Robotern stolpern sie zu einem Refugium an einem ausgetrockneten Canyon, derweil Banderas Figur sich ziemlich beschränkt verhält. Die brutalen Verfolger (Dylan McDermott, der seine Robotererfahrung mit HARDWARE machte) kidnappen indes Frau und Firmenchef (auch mal wieder dabei: Robert Forster).
„Violent Ape“: Gewalt gegen friedliche Androiden und Schutzlose, moralische Verrohung – diese verkommenen Mörder haben keine Zukunft, eine pessimistische Anthropologie wie in PLANET DER AFFEN: REVOLUTION. Dem nahenden Ende der Menschheit steht der Beginn einer von ihnen gezüchteten, posthumanen Rasse an, weniger perlend-hip wie in HER, aber mit einigen denkwürdigen Momenten des Innehaltens.
Solche sind leise gefühlvoll und involvieren die Betrachtung von Spuren des Urmenschen, die Geburt eines Roboter-Babys (wozu auch immer Roboter geboren werden müssen), die Fluchthilfe für (allesamt gute) Maschinen, um die staubig-abgerauchte, für Menschen unbewohnbare Welt zu besiedeln. Und Jacq, der als einziger die Phantasie hat, Roboter mit etwas Würde zu behandeln, darf endlich seinen Traum erleben – was einiges des in Halbzeit zwei zähen Ablaufs wieder ausgleicht.
Erschienen auf Komm & Sieh
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Autómata, Spanien/Bulgarien 2014 | Regie: Gabe Ibáñez, Buch: Gabe Ibáñez, Igor Legarreta, Javier Sánchez Donate | Mit: Antonio Banderas, Birgitte Hjort Sørensen, Dylan McDermott, u.a. | Laufzeit: 109 Minuten, noch kein deutscher Verleih.