Von Gerd Naumann
Für Yoshimitsu Banno blieb FRANKENSTEINS KAMPF GEGEN DIE TEUFELSMONSTER (GOJIRA TAI HEDORA, 1971) der einzige Ausflug ins Regiefach, da das produzierende Tōhō-Studio mit dem Ergebnis nicht zufrieden war. Banno, der bereits zuvor in leitender Position für Tōhō agierte, hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Japans beliebtestes Filmmonster von Grund auf zu erneuern, dieses mithin wieder näher an die düstere Dystopie des Originals von Ishirô Honda (GOJIRA, 1954) anzulehnen. Das gelang ihm auf ebenso anarchische wie unterhaltsame Weise. Ähnlich dem ersten GOJIRA lebt der Film von seiner düsteren Grundstimmung, holt dabei zu einer ätzenden Kritik an Umweltverschmutzung und blindem Fortschrittsglauben aus. Den besonderen Reiz, der Bannos Werk in der Rückschau als in der Filmreihe singulär erscheinen lässt, gewinnt der Film neben Pop-Art-Einflüssen auch durch die Verwendung vom Zeichentricksequenzen, die das Filmgeschehen illustrieren und kommentieren. FRANKENSTEINS KAMPF GEGEN DIE TEUFELSMONSTER wirkt, als hätten Ishirô Honda, Andy Warhol und Ralph Bakshi einen Trip geschmissen, um das Science-Fiction-Genre mit neuen Motiven zu beleben.
Bereits der Filmbeginn ist ein bissiger Kommentar zur industriellen Verseuchung der Umwelt. Banno zeigt das Meer, jedoch keine strahlend blaue Naturgewalt, sondern eine von ekelerregenden, giftig grünen Schleimabsonderungen und allerlei industriellem Anfall verseuchte Kloake. Inmitten dieser Brühe schwimmt eine Uhr, sie ist stehen geblieben – die Zeit ist abgelaufen. Dem verseuchten Meereswasser entsteigt ein Ungetüm, das sich von Industrieabfällen ernährt und stetig wächst. Dieses Hedora genannte Monster, in der deutschen Fassung als Hydrox bezeichnet, ist eine Gefahr für die Weltbevölkerung. Da es sich von giftigem Abfall ernährt, sondert es ebenso tödliche Gase ab. Zudem wird das Wesen mit zunehmender Nahrungsaufnahme immer größer. Obwohl der angesehene Wissenschaftler Dr. Yano herausfindet, dass Hedora mit Elektrizität beizukommen wäre, scheint das Unterfangen „Monsterbeseitigung“ nicht nur aus logistischen Gründen unmöglich. Die Menschheit steht vor dem Abgrund, wenn da nicht Godzilla wäre. Der liebenswerte Urtitan stellt sich dem alles entscheidenden Kampf. Es erweist sich auch bei Banno einmal mehr, dass die japanische Bevölkerung ohne ihren Godzilla den Unbilden der Natur wenig bis nichts entgegen zu setzen hätte…
Man möchte es als Zuschauer dem kleinen Sohn von Dr. Yano gleichtun und voller Inbrunst rufen: „Godzilla! Godzilla! Godzilla!“ FRANKENSTEINS KAMPF GEGEN DIE TEUFELSMONSTER ist ein Exkurs in die Welt der filmischen Märchen und Mythen. Zugleich gelingt es dem Regisseur, den Finger in die Wunde, respektive die Ursachen und Folgen zunehmender Umweltverschmutzung zu legen. Die in funkelnder Metallsonderpackung veröffentlichte Edition von Anolis, aus der Reihe Kaiju Classics, bietet den Film in bis dahin nie gesehener Qualität. Das aus zwei DVDs bestehende Set beinhaltet neben der kürzeren deutschen Kinofassung auch die längere japanische Version. Neben der nostalgischen deutschen Kinosynchronisation des Constantin-Film-Verleihs findet sich ebenso der japanische Ton mit optionalen deutschen Untertiteln. Die vorhandenen drei Audiokommentare verteilen sich auf beide Filmfassungen. Den informativsten wie auch unterhaltsamsten Kommentar steuern die ausgewiesenen Monster- und Science-Fiction-Filmexperten Bodo Traber und Jörg Buttgereit bei. Von Buttgereit stammt ebenso ein Interview mit Yoshimitsu Banno, der sich als sympathischer Gesprächspartner erweist. Bildergalerien, Werberatschlag, Trailer und die zeitgenössische Super8-Heimkinofassung runden den positiven Gesamteindruck ab. Auf das beiliegende, sehr umfangreiche Booklet mit einem erhellenden analytischen Essay von Ingo Strecker sei ebenso ausdrücklich hingewiesen.
___________________________________________________________
Gojira tai Hedora, Japan 1971, R: Yoshimitsu Banno, Mit: Akira Yamauchi, Hiroyuki Kawase, Toshie Kimura, Toshio Shiba, Keiko Mari u.a.
Anbieter: Anolis