Von David McAllan
Bad City, eine Stadt im Iran. Rockabilly-Fan Arash hat wegen seines heroinsüchtigen Vaters Geld und Auto an den Drogendealer und Zuhälter Saeed verloren. Als eine Vampirin den brutalen Saeed in dessen Haus tötet, holt sich Arash alles zurück, vertickt die Drogen selbst und verliebt sich in das so schöne wie geheimnisvolle Mädchen, ohne zu ahnen, wer oder was sie ist.
Der auf Persisch entstandene Spielfilm-Erstling der iranischstämmigen, in London geborenen Amerikanerin Ana Lily Amirpour erweitert ihren gleichnamigen Kurzfilm von 2011 zur irreführenden Selbstbeschreibung „Iranian Vampire Spaghetti Western“. Vielmehr ist ihr eine Tarantino-Version von ONLY LOVERS LEFT ALIVE nur im viel raueren Schwarzweiß-Stil von Jarmuschs Frühwerk (DOWN BY LAW) gelungen.
Die Nahost-Romanze zwischen einem James-Dean-Träumer (aus Hamburg: Arash Marandi) und einem feministischen Tschador-Vampir (aus L.A.: Sheila Vand, ARGO), die vor allem frauenfeindliche Männer reißt, findet in der fiktiven iranischen Bad City statt (Drehort: Kalifornien). Die surreal-zarte, platonisch-melancholische Liebesgeschichte erinnert gleichermaßen an Kathryn Bigelows NEAR DARK und Tomas Alfredsons SO FINSTER DIE NACHT.
Sheila Vands Augen gleichen teilweise Lina Leandersson Blick, wenn sie als Engel der Nacht ihre Rache an denen das weibliche Geschlecht unterdrückenden Männern vornimmt. Aber die urbane Industrial-Wüste entstammt eines frühen David Lynch, so wie das ausdrucksstarke, von Dunkelheit umhüllte Schwarzweiß die Düsternis eines Abel Ferrara spiegelt, vornehmlich sein Vampirdrama THE ADDICTION sowie MS .45.
„I’m lost“, klagt der als Dracula verkleidete Arash über sein Leben in dem Ort, durch dessen verlassene Straßen der Wind heult, wo jeder fremd, allein und einsam ist. Wie in ONLY LOVERS LEFT ALIVE ist es die Musik, die im weit weniger ausgefeilten, roheren A GIRL WALKS HOME ALONE AT NIGHT eine emotionale Brücke schlägt, ein vielseitiger Soundtrack aus Electro-Synthies, Morricone-Orchester, Minimal Techno und hinreißendem Pop & Rock.
Dieser Wechsel von rauschhafter Hypnose und ausgenüchterten Purismus gibt der verwegenen Lovestory ihre Magie in bedrückender Atmosphäre. Deutlich mehr Film Noir als Western, lässt Amirpour mit Schleier-Vampir und vielen Toten im Straßengraben spezielle iranisch-politische und muslimisch-soziale Lesarten zu, ohne sie auszubuchstabieren; Gefahr und Erotik vereinen sich vortrefflich zur Indie-Kunst.
Erschienen auf Komm & Sieh
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A Girl Walks Home Alone at Night, USA 2014 | Regie/Buch: Ana Lily Amirpour | Mit: Sheila Vand, Arash Marandi, Marshall Manesh, u.a. | Laufzeit: 101 Minuten, Verleih: Capelight (Kinostart: 23.04.2015).