Kaijus in Blau.

Nachdem in der Vergangenheit bereits zahlreiche Kaiju-Titel in einer hochwertigen Reihe bei Anolis Entertainment erschienen sind, legt das Label diese nun Schritt für Schritt in Blu-ray-Editionen auf. Der Vorteil dieser Auflagen liegt vor allem in der HD-Qualität der Filme, denn auf die Extras der „Metalldoseneditionen“ wurde hier verzichtet. Kaiju-Liebhaber erhalten hier in erster Linie eine günstige Möglichkeit, die Filme zu einem erschwinglichen Kurs in besserer Qualität zu erwerben. Enthalten ist jeweils der japanische Originalton, die deutsche Synchronfassung und ein Trailer. Untertitel können optional hinzugeschaltet werden. Die Blu-ray-Veröffentlichung zu FRANKENSTEINS KAMPF GEGEN DIE TEUFELSMONSTER, FRANKENSTEINS HÖLLENBRUT und FRANKENSTEIN UND DIE UNGEHEUER AUS DEM MEER ist Anlass, noch einmal gebündelt auf diese Titel einzugehen. Allen gemein ist, dass sie im Titel den japanischen Nationalhelden Godzilla verschweigen.
JapFrankensteins_Poster Für Yoshimitsu Banno blieb FRANKENSTEINS KAMPF GEGEN DIE TEUFELSMONSTER (GOJIRA TAI HEDORA, 1971) der einzige Ausflug ins Regiefach, da das produzierende Tōhō-Studio mit dem Ergebnis nicht zufrieden war. Banno, der bereits zuvor in leitender Position für Tōhō agierte, hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Japans beliebtestes Filmmonster von Grund auf zu erneuern, dieses mithin wieder näher an die düstere Dystopie des Originals von Ishirô Honda (GOJIRA, 1954) anzulehnen. Das gelang ihm auf ebenso anarchische wie unterhaltsame Weise. Ähnlich dem ersten GOJIRA lebt der Film von seiner düsteren Grundstimmung, holt dabei zu einer ätzenden Kritik an Umweltverschmutzung und blindem Fortschrittsglauben aus. Den besonderen Reiz, der Bannos Werk in der Rückschau als in der Filmreihe singulär erscheinen lässt, gewinnt der Film neben Pop-Art-Einflüssen auch durch die Verwendung vom Zeichentricksequenzen, die das Filmgeschehen illustrieren und kommentieren. FRANKENSTEINS KAMPF GEGEN DIE TEUFELSMONSTER wirkt, als hätten Ishirô Honda, Andy Warhol und Ralph Bakshi einen Trip geschmissen, um das Science-Fiction-Genre mit neuen Motiven zu beleben.
JapFrankensteins_3 Bereits der Filmbeginn ist ein bissiger Kommentar zur industriellen Verseuchung der Umwelt. Banno zeigt das Meer, jedoch keine strahlend blaue Naturgewalt, sondern eine von ekelerregenden, giftig grünen Schleimabsonderungen und allerlei industriellem Anfall verseuchte Kloake. Inmitten dieser Brühe schwimmt eine Uhr, sie ist stehen geblieben – die Zeit ist abgelaufen. Dem verseuchten Meereswasser entsteigt ein Ungetüm, das sich von Industrieabfällen ernährt und stetig wächst. Dieses Hedora genannte Monster, in der deutschen Fassung als Hydrox bezeichnet, ist eine Gefahr für die Weltbevölkerung. Da es sich von giftigem Abfall ernährt, sondert es ebenso tödliche Gase ab. Zudem wird das Wesen mit zunehmender Nahrungsaufnahme immer größer. Obwohl der angesehene Wissenschaftler Dr. Yano herausfindet, dass Hedora mit Elektrizität beizukommen wäre, scheint das Unterfangen „Monsterbeseitigung“ nicht nur aus logistischen Gründen unmöglich. Die Menschheit steht vor dem Abgrund, wenn da nicht Godzilla wäre. Der liebenswerte Urtitan stellt sich dem alles entscheidenden Kampf. Es erweist sich auch bei Banno einmal mehr, dass die japanische Bevölkerung ohne ihren Godzilla den Unbilden der Natur wenig bis nichts entgegen zu setzen hätte…
JapFrankensteins_2 Man möchte es als Zuschauer dem kleinen Sohn von Dr. Yano gleichtun und voller Inbrunst rufen: „Godzilla! Godzilla! Godzilla!“ FRANKENSTEINS KAMPF GEGEN DIE TEUFELSMONSTER ist ein Exkurs in die Welt der filmischen Märchen und Mythen. Zugleich gelingt es dem Regisseur, den Finger in die Wunde, respektive die Ursachen und Folgen zunehmender Umweltverschmutzung zu legen.
“Back to the roots – with less effort!” muss Produzent Tomoyuki Tanaka wohl als Mantra an seine Mannen ausgegeben haben, als es an die Produktion von FRANKENSTEINS HÖLLENBRUT ging. Denn so ziemlich alles, was ihm am Vorgängerfilm FRANKENSTEINS KAMPF GEGEN DIE TEUFELSMONSTER missfiel und er dort krankheitsbedingt nicht mehr verhindern konnte, warf man hier über Bord und kehrte zurück zum Godzilla-Strickmuster der späten 1960er Jahre – für möglichst schmales Geld allerdings. War dem Produzenten die Herangehensweise von Regisseur Yoshimitsu Banno beim Vorgänger zu esoterisch und psychedelisch, so konnte er sich bei Jun Fukuda sicher sein, dass es hier ums ‘grobe Ganze’ geht und dieser den Film locker zu einem Sieg nach Punkten bringen würde. Fukuda blieb nichts schuldig, denn ihm gelingt es, aus der beschränkten und mit viel stock-footage auskommenden Produktion das Maximum an Unterhaltung herauszuholen. Dass die Shōwa-Staffel, trotz eines mehrfach durchgearbeiteten Drehbuches von Altmeister Shinichi Sekizawa, bereits an Auszehrungserscheinungen litt und sich redlich am Wiederholen von Erprobtem abarbeitete, sollte man jedoch nicht ganz unerwähnt lassen.
Wie kostenschonend gearbeitet werden musste, lässt sich für den Soundtrackkenner auch anhand der Tonspur bemerken. Denn auch bei der Filmmusik dampfte man ein und wiederverwertete bereits existente Musiken vom legendären Akira Ifukube, die sich jedoch wiederholt perfekt auf die Szenerien legten und außerdem noch mit einem poppigen, den Film beschließenden Godzilla-Song veredelt wurden.
Vom Grunde her zeigt FRANKENSTEINS HÖLLENBRUT jedoch noch stärker den Versuch, möglichst viele einst relevante Themen auf einen Nenner und im Sinne eines maximierten Publikumsinteresses unter einen Kimono zu bringen. Was damals noch in den Kinderschuhen steckte und für europäische Zuschauer so gut wie unbekannt gewesen sein dürfte – die speziell asiatische Unterform der Comiczeichnungen, sog. Mangas – wurde in Gestalt der zeichnenden Titelfigur Gengo (Hiroshi Ishikawa) thematisiert, ebenso wie die aufkeimende Emanzipation der holden Weiblichkeit. Für das kindgerechte sorgte der titelgebende Vergnügungspark, in dem sich statt einer Micky Mouse ein lebensgroßer Godzilla-Tower wiederfand, während das erwachsene Publikum durch die Antipoden der Story angelockt werden sollten: die wachsende Umweltverschmutzung hat die Erde für aus dem Weltall zugereiste Käfer lebenswert gemacht, die sich nunmehr toter Menschenkörper bemächtigen um ihren perfiden Plan der Unterjochung umzusetzen. Die bunt gewürfelte Menschentruppe aus Hippies stellte auf das jugendliche Publikum ab, gleiches galt für die poppigen Farbkombinationen in Kostümen und Sets. Dass dennoch das Fernsehen mit seiner Monster- und Superheldenschwemme den Toho-Kinogiganten zusehends das Wasser abgrub, darf als Treppenwitz der Geschichte ausgelegt werden.
JapFrankensteins_4 Bei allen Kaspereien, bei allem Sinn, einen möglichst breiten Fächer auf die Geschmacksrezeptoren der Kinogänger abzufeuern, darf nicht vergessen werden, dass es sich nominell noch immer um einen Monsterfilm handelte. Und auch wenn Fukuda viele Schnittreste aus älteren Jahrgängen verwenden musste, so ließen ihn seine Special-Effects-Leute auch bei FRANKENSTEINS HÖLLENBRUT nicht im Stich: denn sein neues Material atmet in den besten Momenten – fast ungewöhnlich für Fukuda – mit der dunklen Ästhetik den Charme alter Inszenierungen seines Lehrmeisters Honda und macht auch in den bewusst campy arrangierten Kämpfen eine gute Figur.
In der Godzilla-Filmreihe markiert FRANKENSTEIN UND DIE UNGEHEUER AUS DEM MEER (GOJIRA, EBIRA, MOSURA: NANKAI NO DAIKETTŌ, 1966) aufgrund mehrerer Faktoren eine erhebliche Zäsur innerhalb der Showa-Staffel: Aufgrund der TV-Konkurrenz waren die Zuschauerzahlen drastisch zurückgegangen, andere Monsterfilme fluteten den Markt. Toho-Produzent Tomoyuki Tanaka steuerte gegen: Während zeitgleich Ishirō Honda für FRANKENSTEIN – ZWEIKAMPF DER GIGANTEN (FURANKENSHUTAIN NO KAIJÛ: SANDA TAI GAIRA, 1966) aus dem Vollen schöpfen konnte, dampfte Tanaka das Budget für Frankenstein und die Ungeheuer aus dem Meer merklich ein und verpflichtete mit Hondas ehemaligem Assistenten Jun Fukuda einen neuen Regisseur, der der Reihe frische Impulse geben sollte. Trotz der Kostenreduktion gestalteten sich die im bewährten Suitmation-Verfahren hergestellten Monsterkämpfe überzeugend, unterhielten prächtig und brachten Humor und Schnelligkeit in die zuvor manchmal allzu epischen Honda-Inszenierungen.
JapFrankensteins_6 Die Handlung ist schnell erzählt: Der junge Ryota strandet auf der Suche nach seinem Bruder zusammen mit einigen Kumpanen auf einem fernen Eiland, das durch die Terrororganisation ‚Roter Bambus‘ mithilfe versklavter Ureinwohner als geheimer Stützpunkt genutzt wird. Zusammen mit dem Eingeborenenmädchen Daiyo wollen sie die unterjochten Arbeiter befreien, finden sich aber unvermittelt in einem Kampf zwischen dem auferweckten Godzilla und dem gigantischen Hummer Ebirah wieder. Als die Basis des ‚Roten Bambus‘ zerstört wird und eine die Insel vernichtende Bombe unaufhörlich tickt, erhebt sich die Riesenmotte Mothra, um den Helden beizustehen. Werden sie und Godzilla dieses Abenteuer überstehen?
Anstatt Godzilla wiederholt Miniaturstädte plattwalzen zu lassen und weiterhin das apokalyptische Katastrophenfilmgenre zu bedienen, schmiss man jetzt Agentenfilmelemente mit Motiven des Dschungelabenteuers zusammen, würzte mit etwas Nibelungen-Saga nach (Godzillas Erweckung) und schmeckte mit buntem Südseefeeling ab. Dass im ursprünglichen Filmkonzept King Kong als Hauptprotagonist parat stand und erst in der Projektentwicklung gegen Godzilla ausgewechselt wurde, merkte man deutlich in der charakterlichen Wandlung des Monsters – so erhielt es sympathischere Züge und half letzten Endes sogar den gestrandeten Menschen aus der Patsche.
Entgegen der landläufig etwas abschätzigen Meinung über Fukudas Kaiju-Beiträge muss man dem Film zugutehalten, dass er aus seinen merklichen Mängeln das Beste herausholt, nie Langeweile aufkommen lässt und immer unterhaltsam bleibt – die erneut ansehnlichen Spezialeffekte tragen ihren Teil zum Gelingen dieser Südseeexpedition bei. Das Skript von Shinichi Sekizawa kann sich in seiner Verknüpfung von verschiedensten Stilen wirklich rühmen, Geschmäcker alter und junger Zuschauer gelungen zu vereinen und die Farbgestaltung liefert in ihrer Vielfalt hervorragendes Zeitkolorit aus dem Japan der 1960er Jahre.
JapFrankensteins_5 Nachdem der nominelle Godzilla-Komponist Akira Ifukube gerade für Hondas Parallelfilm Frankenstein – Zweikampf der Giganten schrieb und Fukuda auch bei der Musik andere Wege gehen wollte, begab sich Masaru Sato als neuer Tonsetzer hinter das Dirigentenpult. Sato hatte bereits für das erste Godzilla-Sequel Godzilla kehrt zurück (GOJIRA NO GYAKUSHÛ, 1955) den Soundtrack geschrieben und unterstrich mit seiner Filmmusik die Neuausrichtung der Reihe – anstatt chromatisch-martialischer Endzeitmärsche setzte er auf einen deutlicheren Bezug zum musikalischen ‚Now Sound‘, verquirlte poppige E-Gitarren mit dem fröhlichen Südseefeeling eines Les Baxter und ließ asiatische Spannungsmusik gegen fetzige Surf-Tänze antreten, wobei Reminiszenzen von JAMES BOND (1962) bis BATMAN (1966) nicht weit sind.
„Fischmäßig hätt‘ ich nur Hummer da!“. Von jedem Kellner, der einen solchen Satz aus dem Mund bringt, würde man das Trinkgeld zurückverlangen. Doch was uns ‚Kellner‘ Fukuda hier an filmischem Südseecocktail einschenkt, ist aller Ehren wert. Garniert mit dem knuffigsten Monster, dass je über Kinoleinwände tappste, ist hier gute Unterhaltung für Groß und Klein garantiert!
„Gojira … Gojira … Gojira!“

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Gojira tai Hedora | Japan 1971 | Regie: Yoshimitsu Banno | Darsteller: Akira Yamauchi, Hiroyuki Kawase, Toshie Kimura, Toshio Shiba, Keiko Mari u.a.

Chikyū kogeki meirei: Gojira tai Gaigan | Japan 1972 | Regie: Jun Fukuda | Darsteller: Hiroshi Ishikawa, Yuriko Hishimi, Minoru Takashima, Tomoko Umeda, Kunio Murai, Haruo Nakajima
Gojira Ebira, Mosura: Nankai no Daikettō | Japan 1966 | Regie: Jun Fukuda |

Darsteller: Akira Takarada, Kumi Mizuno, Chotaro Togin, Akihiko Hirata, Jun Tazaki, Hideo Sunazuka u.a.

Anbieter: Anolis Entertainment