Punk-Nostalgie für den linken Mittelstand.

Lukas Moodysson ist zurück bei seinen Anfängen, mit seinem ersten wirklich guten Film seit fast zehn Jahren. Nach dem etwas zu experimentell geratenen CONTAINER (2006) und dem zwar ambitionierten, aber letztlich doch arg nichtigen MAMMUT (2009) ist er 2013 mit VI ÄR BÄST! wieder da, wo er mit RAUS AUS AMAL (1998) und ZUSAMMEN! (2000) herkam und eigentlich immer am Besten ist: nah dran an seinem Milieu, den jugendlichen Querschlägern und den etablierten 68ern.

VI ÄR BÄST! spielt 1982, als auch in Schweden Punk schon tot war. Das bekommen die beiden 12- und 13-jährigen Gören Klara und Bobo immer wieder von ihren Mitschülerinnen zu hören. Eigentlich nur, um eine probende Metalband zu ärgern, gründen die zwei Mädchen eine Punkband im Proberaum eines Jugendzentrums. Klara und Bobo können natürlich nichts, weshalb sie sich als Verstärkung die Außenseiterin Hedvig, die wegen ihrer klassischen Musikausbildung von allen belächelt wird, ins Boot holen. Von da an wird gelacht, geprobt, geliebt, gefrustet bis zum ersten „großen“ Auftritt, der natürlich den Schluss des Films markiert.

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Mit VI ÄR BÄST! hat Lukas Moodysson die „Graphic Novel“ seiner Ehefrau Coco adaptiert und entstanden ist ein Feel-Good-Movie, das in seiner Leichtigkeit das Potenzial hat, deutsche Arthouse-Kinos zu füllen. Denn das Zielpublikum des 44-jährigen Regisseurs ist u.a. sein persönliches Umfeld. Moodyssons Mädels kommen dementsprechend aus keinen alkoholverseuchten Brennpunkt-Elternhäusern, sondern aus dem linken Mittelstand. Ihr Aufbegehren ist eher pubertäres Rebellentum als wirklich vernarbte System-Aversion: Das Alter eben, in dem einer noch die Welt gehört und selbige auch gerettet werden muss. Man achte hierzu auf den Text des einzigen Songs, der während des Films totgeprobt wird. Weitere augenzwinkernde Kleinigkeiten zum Schmunzeln gibt es in VI ÄR BÄST! noch einige, etwa die Bingo-Bongo-Eltern Klaras, die bei ersten Probeversuchen der Mädchen-Punkband mitspielen wollen oder die Sozialarbeiter, die den Mädels mit ihrem „Blues-Feeling“ zeigen wollen, wie gute Musik gefälligst zu klingen hat.

Natürlich kann dem Film seine kommerzielle Relevanz vorgeworfen werden, denn Moodyssons siebter Langfilm ist einer, der sowieso jedem gefallen wird, vor allem natürlich denen, die „dabei“ waren, also jenen, die diese ganzen Anekdoten mit Metalbands, Jugendzentrums-Proberäumen, 68er Eltern oder Sozialarbeitern mit Reeperbahn-Schnäuzern selbst erlebt haben. Aber warum nicht einfach mal im Kino sitzen, der Nostalgie frönen und den unglaublich gut gelaunten Mädels beim Pubertieren zusehen? Wer sich etwas mehr Tiefgang wünscht, kann sich ja auf DVD die Depri-Heuler LILJA 4-EVER (2002) oder HOLE IN MY HEART (2004) zum Runterkommen ansehen (aber auf dem Weg nach Hause heimlich „Hate, hate, hate! Hate Västeras!“ vor sich hin grummeln).

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Vi är bäst!, Schweden/Dänemark 2013 | Regie, Buch: Lukas Moodysson, Comicvorlage: Coco Moodysson | Mit: Mira Barkhammar, Mira Grosin, Liv LeMoyne, u.a. | Laufzeit: 102 Minuten, noch kein deutscher Verleih.