Oh-Oh! sprach Dr. Moreau.

Mitte der 1960er Jahre bestieg Dick Randall ein Flugzeug nach Rom, um dort fortan Filme zu produzieren, die der Welt zu ihrem Glück noch fehlten. Als Verleiher ausländischer Produktionen in den USA hatte er schon einige Jahre zuvor die Marktlücken erkannt und beschlossen, Abhilfe zu schaffen. So legte der freundliche, feiste Mann mit dem Vollmondgesicht und dem schmalen Bärtchen den Grundstein zu einer abenteuerlichen Karriere, die ihn auf dem Weg um die Welt nach Hongkong, wo er Bruce Li und Bruce Lai entdeckte, und London führen sollte, wo er die Nachfolge der Hammer-Studios antrat. Zu so unterschiedlichen Genres wie SciFi-Horror, Giallo, Martial-Arts- oder Sexfilm leistete er unsterbliche Beiträge – seine Filmografie beginnt in den frühen 60ern mit Titeln wie MONDO INFERNO – ALLE SÜNDEN DIESER WELT und endet 1991 mit der Nekrophilie-Komödie LIVING DOLL, die sein letzter Film blieb. Dick Randall wurde früh zur lebenden Legende, galt vor allem als begeisterter Filmfan, der es liebte, in seinen Produktionen Cameos zu absolvieren. In DAS AUGE DES BÖSEN übernahm er sogar einen größeren Part.

nackt.unter.affen1968.cover 1968 erschien die triumphale Dschungel-Pulp-Fantasy EVA – LA VENERE SELVAGGIA („Eva, die schöne Wilde“), auch (un)bekannt als THE KING OF KONG ISLAND und in Deutschland verliehen als NACKT UNTER AFFEN, und markierte eine Transition des Genrekinos während der Pop-Ära, die James-Bond-Motive bravourös mit Söldnerfilm, Tarzan-Comics und H.G. Wells’ „The Island of Dr. Moreau“ zu einer Synthese (mindestens) der letzten beiden Jahrzehnte populärer Kultur verband, wie sie sich Godard in seinem Projekt „TARZAN VS. IBM“ ausgemalt haben mag und erst in den Comic-Verfilmungen späterer Zeiten wiederkehrte. Es war die Zeit, als die Blubber-Zisch-Laboratorien der Mad Scientists von den Blink-Biep-Laboratorien abgelöst wurden, die Nostalgiefilme nach Vorlagen von Wells und Jules Verne allmählich in die Agentenfilme übergingen. Da wie dort waren meist geniale Weltverbesserer oder verbrecherische Genies am Handwerk, denen bodenständige Helden dasselbe legen mussten. So auch hier und neulich in Nairobi: In der üblen Spelunke des dubiosen Theodore taucht der Ex-Söldner Burt (Brad Harris) auf und verdreht den Frauen des Hauses das Köpfchen. Burt ist auf der Suche nach seinem betrügerischen Kameraden Albert, der ihn nach einem Überfall auf einen Goldtransport schwerverletzt zurückließ. Albert jedoch, der von Hause aus verrückter Wissenschaftler und nur im Nebenberuf Söldner ist, hat sich ein geheimes Labor im tiefsten Urwald eingerichtet, wo er Gehirnkontroll-Experimente an Gorillas durchführt und diese dadurch zu seinen willenlosen Handlangern macht. Albert träumt von der Weltherrschaft – allerdings liegt sein Versteck im Tabugebiet einer charmanten, weißen Tarzanin, deren Freunde die Gorillas sind, sodass Burt bald Hilfe von unerwarteter Seite bekommt…

Nackt unter die Affen geworfen ist hier vor allem der Zuschauer, der sich wie bei den meisten Produktionen Dick Randalls nie so ganz sicher sein kann, wie ernst das eigentlich gemeint war. Die erkennbaren (geradezu erklärten) Vorbilder reichen von KING KONG bis DOCTOR NO in (zaghafter) Sexy Version. Beim Versuch, ihnen nachzueifern hingegen musste man doch auf bescheidenere Mittel zurückgreifen; so atmen Requisite und Effekte den Geist der goldenen 50er und irgendwie erinnern Käfig-Szenerie und Affenkostüme am dramatischen Höhepunkt eher an DIE TÜR MIT DEN SIEBEN SCHLÖSSERN und Pinkas Brauns’ famoses Solo. Die deutsche Synchronisation tut ein herrlich Übriges, einen in einer vergangenen Ära willkommen zu heißen, in der man auf ein – den Gorillas entgegen geschleudertes – „Stop!“ noch „Zurück mit euch!“ getextet hat. In seltener Homogenität einer der gelungensten Dick-Randall-Filme, der bis heute weitaus mehr Spaß macht als ihm von Rechts wegen zustehen würde.

Eine selten schöne Filmkopie lag der Abtastung zugrunde – gelegentliche Zelluloidschäden oder Falschfarben-Frames (meist in der Nähe damaliger Rollenwechsel) gehören da geradezu zum authentischen Erlebnis. Deutsche und englische Sprachfassung weichen inhaltlich oft derart stark von einander ab, dass man geradezu zwei verschiedene Filme sehen kann, wenn man die Tonspur wechselt. Die deutsche Fassung ist geringfügig kürzer, die fehlenden Passagen sind untertitelt eingefügt. Wer das nicht mag, findet die deutsche Kinofassung unter den Extras.

Mit THE WILD, WILD WORLD OF JAYNE MANSFIELD, DAS AUGE DES BÖSEN oder ANGKOR – DAS TOR ZUR HÖLLE haben in den letzten Monaten mehrere Titel aus Randalls klassischer Filmografie das Licht des hiesigen Heimkinos erblickt. Eine seiner renommiertesten Produktionen, der Giallo THE GIRL IN ROOM 2A (mit Brad Harris und Rosalba Neri), wird voraussichtlich im Herbst ’14 als deutsche DVD-Premiere erscheinen.

Eva – La Venere selvaggia, Italien 1968, Regie: Robert Morris (Roberto Mauri), Mit: Brad Harris, Ursula Davis, Esmeralda Barros, Adriana Alberi, Marc Lawrence, u.a.
Anbieter: Motion Picture (Media Target)