Von Caroline Lin
Der Zweite Weltkrieg beendet die Sportkarriere des jungen italienischstämmigen US-Oympialäufers Louis Zamperini, der in Berlin 1936 noch als nachwuchshoffnung gilt. 1941 stürzt er mit seiner Bomberbesatzung im Pazifik ab. Als er mit seinem Kameraden erst nach 47 Tagen von den Japanern gerettet wird, beginnen neue jahrelange Qualen im Kriegsgefangenenlager des sadistischen Lagerkommandaten Watanabe.
Sony-Produzent Scott Rudins inzwischen legendäre Schmähung von Angelina Jolie als „minimal talentierter, verzogener Göre“ kann man angesichts ihres handwerklichen Regiegeschicks getrost als widerlegt betrachten, ihr gleichwohl weiterreichende Fähigkeiten wahrlich auch nicht vorwerfen. Die Durchhalte-Heldengeschichte amerikanischer Prägung bleibt vor allem wegen des recht einseitigen Scripts unter ihren Möglichkeiten.
Jolies nach ihrem Bosnienkriegsdrama IN THE LAND OF BLOOD AND HONEY zweite Regiearbeit adaptiert aufwändig Laura Hillenbrands Zamperini-Biografie „Unbeugsam“ als drei Filme in einem. In Rückblenden gestaltet UNBROKEN die Jugend eines Lauftalents, ahmt 1936 im schönen Berliner Olympiastadion dem Sportfilm DIE STUNDE DES SIEGERS nach, nur laxer und weniger mitreißend (und pathetisch). Nach einem packend inszenierten Actioneinstieg, die eine Bomberstaffel im Flakfeuer zeigt, wartet das Meer.
Ähnlich ALL IS LOST oder einer realistischen Version von SCHIFFBRUCH MIT TIGER kämpfen drei Besatzungsmitglieder eines ohne Fremdeinwirkung abgestürzten Bombers 47 Tage lang auf dem offenen Meer ums Überleben, ringen mit Hunger, Durst, Haien und japanischen Zero-Jögern, die ihr Schlauchboot mit der MG durchsieben. Als man sie rettet, folgen statt humanitärer und medizinischer Hilfe Folterqualen und brutale Misshandlungen in geballter Unmenschlichkeit.
Damit startet ein Zwangsarbeiterlagerdrama à la DIE BRÜCKE AM KWAI, wo sadistische Herrenmenschen immer neue Grausamkeiten verüben. J-Popstar Takamasa Ishihara als Chef-Sadist ähnelt dem Quälmeister in MERRY CHRISTMAS, MR. LAWRENCE, Nachwuchsakteur Jack O’Connell, der in 71 gerade Leidensfähigkeit und Überlebenswille bewies, gerät in der Hölle an den Teufel persönlich, der ihn immer abscheulicher foltert.
Nur fällt das Drehbuch (u.a. von den weithin überschätzten Coen-Brüdern) psychologisch und charakterlich längst nicht so tiefgehend aus, wie es den 137 Minuten angemessen wäre. Der Marathon der Hoffnungslosigkeit ist kein Mitleid erweckendes, sondern ein langatmiges, immerhin realistisches Exerzitium, in dessen Verlauf das denkbar Schlimmste geschieht: Die elende Schinderei und Sklavenarbeit im Konzentrationslager langweilt einfach.
Außer Watanabe und Zamperini gibt es keine substantiellen Figuren und der konventionelle Musikeinsatz rührt ebenfalls kaum. Die Erfahrung des Ausgeliefertseins bis über alle körperlichen und mentalen Grenzen ist stark und die Botschaft „Halte durch, dann kommst du durch“ gewiss respektabel, alles aber auf Dauer unbefriedigend – um wie viel emotionaler und komplexer war da der erst im April anlaufende RAILWAY MAN.
Erschienen auf Komm & Sieh
___________________________________________________________
Unbroken, USA 2014 | Regie: Angelina Jolie, Buch: Joel Coen, Ethan Coen, Richard LaGravenese, William Nicholson, Buchvorlage: Laura Hillenbrand | Mit: Jack O’Connell, Takamasa Ishihara, Domhnall Gleeson, u.a. | Laufzeit: 137 Minuten, Verleih: Universal (Kinostart: 15.01.2015).