„Wenn ich das hier überlebe, schmeiße ich die verfluchte Affenjacke weg!“ – mit diesem Satz bekundet Private Schwabacker (Robert Osterloh) ein ums andere Mal, wie satt er das Kämpfen hat. Und doch macht er weiter, wie es sich für einen Soldaten gehört – und so viel sei verraten: die Affenjacke wird sein Leichentuch.
1871, mitten in den dunkelsten Zeiten der amerikanischen Indianerkriege, wird eine Kavallerieeinheit der US-Armee von Apachen auf eine Handvoll Männer dezimiert. Sergeant Vinson (Joel McCrea) fällt es als ranghöchstem Verbliebenen zu, die Soldaten zurück ins weit entfernte Fort zu bringen, quer durch das Gebiet der verfeindeten Apachen – und es gibt nichts auf dieser Welt, das Vinson so abgrundtief hasst wie Apachen. Mit einer gehörigen Portion Skepsis und eindeutigen Fahnenfluchttendenzen rauft sich das Himmelfahrtskommando zusammen. Unter Verlusten kämpft man sich bis zur nächsten Wasserstelle durch, zweifelt mehrfach am Geisteszustand des Sergeants. Als man schließlich ein fast verlassenes Felsendorf einnimmt und eine ganze Horde Apachen am Horizont auftaucht, erweist sich im Finale der Originaltitel FORT MASSACRE (1958) mehr als berechtigt.
Dieser Western und seine Thematik kündeten zur Entstehungszeit von den aufziehenden 1960ern und zeigten, dass die ehrbaren Westmannstraditionen endgültig ausgedient hatten. Produzent Mirisch wollte um jeden Preis das Logo seiner neugegründeten Firma auf der Leinwand sehen und legte mit DIE LETZTEN DER 2. SCHWADRON eine schnell entstandene, jedoch sorgfältig durchgeführte Produktion vor. In poppiger DeLuxe-Farbgestaltung und epischem Cinemascope lässt er mit den Westernklischees ordentlich Schlitten fahren, denn – da bedient der Film so gar nicht das pro-militärische US-Bewusstsein vieler anderer Western – der ‚Böse‘ ist im vorliegenden Fall ein Mitglied der eigenen Armee.
Sergeant Vinson, die Hauptperson des Filmes, bleckt die Zähne und zeigt uns das hässliche Gesicht des Westens. Kein edler Soldat, kein Völkerverständiger, kein ‚Gutmensch‘; sondern blanker Hass, rasend vor Mordlust, durchaus auch mit suizidalen Tendenzen. Seine Frau, von den Apachen getötet, ließ die gemeinsamen Kinder lieber durch eigene Hand sterben, als diesen ‚Triumph‘ den Feinden zu ‚gönnen‘. „Der Hass ist die Liebe, die gescheitert ist!“ – es scheint, Kierkegaard hätte dies einst zur Beschreibung von Vinsons Seelenzustand formuliert. Die Tatsache, dass der bis dahin fast ausschließlich im Komödienfach reüssierende Joel McCrea diese Rolle mit aller Leidenschaft verkörpert, macht das Geschehen umso interessanter. Hier neben Sam Peckinpahs SACRAMENTO (1962) von seiner besten Leistung zu sprechen, ist nicht übertrieben.
Dem routinierten Regisseur Joseph M. Newman und seinem Drehbuchautor Martin Goldsmith geht es weder um eine politische Einordnung des Konflikts noch um Herausarbeitung des immerwährenden Themas „Gut gegen Böse“. Gerade den Motivatoren für Vinsons Handeln, den Indianers vom Stamme der Apachen, wird jedwede Charakterisierung verweigert. Denn interessant ist hier einzig die Charakterstudie eines Mannes, der durch den Hass sukzessive alle anderen Gefühlsregungen und Verstandesentscheidungen über Bord wirft. Die Genrekonventionen des Westerns sind lediglich Anlass für eine psychologische Studie darüber, wohin ungezähmter Hass einen Menschen treiben kann. In gewisser Weise lassen sich im Drehbuch Parallelen zu Herman Wouks mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnetem Drama DIE CAINE WAR IHR SCHICKSAL (THE CAINE MUTINY, 1952) ableiten, zum Teil sogar konsequenter durchgeführt.
Ohnehin offeriert der Film ein Figurenkabinett, dass sich sehen lassen kann: vom altersweisen Soldaten bis zum verbündeten Indianer in amerikanischen Diensten ist alles dabei. Genauer dargestellt wird die Figur des Soldaten Travis (John Russell), der am ehesten dem Klischee ‚Bürger in Uniform‘ entspricht. Ein bis zum Barras zielloser Tramp, der das Töten auf Befehl innerlich verabscheut, aber Loyalität im Wortsinne beweist. Er kann Vinsons Handlungen als einziger nachvollziehen und versucht Verständnis für dessen Rachsucht aufzubringen. Travis zeigt jedoch immer wieder auf, dass ein Mensch sich von solchen Negativismen nicht leiten lassen darf. Am Schluss fällt es ihm zu, das Geschehen „ins rechte Licht“ zu rücken und die Botschaft des Filmes in Worte zu fassen.
Interessant ist auch die musikalische Ausgestaltung. Noch ganz der Steiner’schen Art des Golden Age folgend vertont Marlin Skiles ‚von Wand zu Wand‘, das heißt von Vorspann bis Schlussbild ist fast durchweg Musik zu hören. Skiles verband mit Produzent Mirisch eine fruchtbare Partnerschaft, die sich auf ein Dutzend gemeinsamer Filme bilanzieren lässt. Der Komponist, Schüler von Ernst Toch, verfasste einen in der Spätromantik fußenden, großorchestralen Score, dem vereinzelte Neoklassizismen ebenso anzumerken sind wie eingestreute Versatzstücke der Moderne. Was das Drehbuch bewusst auslässt, fügt Skiles ein. So erhält die Hauptfigur Vinson ein tiefgründiges, zwischen Wehmut und Wahnsinn pendelndes Streicherthema, die heransprengenden Apachenheere werden durch dissonante Zwölftonstafetten in den Trompeten angekündigt. Bedauerlicherweise ist bis heute das Gesamtwerk von Marlin Skiles nahezu unveröffentlicht geblieben.
Das damalige Publikum, so gab es Produzent Mirisch später selbst zu, konnte mit dieser Charakterstudie im Gewand eines Western ohne Heroisierung nicht viel anfangen. Das Einspielergebnis blieb lediglich solide, die typfremde Besetzung von Joel McCrea machte die Sache nicht besser. Die Brutalität, mit der der Film generell zu Werke geht, schadete zusätzlich – lediglich die Kritiker erkannten, dass sich die Macher hier mehr Gedanken gemacht hatten, als es sonst im Genre üblich war. Die deutsche Synchronisation wartet in Gestalt von Sprecherlegenden wie Wolfgang Luckschy, G. G. Hoffmann, Rainer Brandt, Heinz Petruo oder Eduard Wandrey zudem mit wundervollen Stimmen auf und zeigt, was eine gute Bearbeitung wert sein kann.
Explosive Media macht mit diesem Release erneut eine Westernrarität zugänglich, die sowohl als DVD wie auch auf Blu-ray erscheint. Der saubere MGM-Transfer präsentiert den Film im originalen Cinemascope und punktet mit guter Farbwiedergabe, hat jedoch in der Detailschärfe seine vereinzelten, in keiner Weise störenden Defizite; der Griff zur Blu-ray sei empfohlen. Es stehen wahlweise die deutsche Synchronisation und der englische Originalton zur Wahl, wobei beide Tonspuren keine Wunderwerke an Dynamik darstellen und in den Soundtrackpassagen schon mal etwas ‚plärren‘, jedoch gut verständlich und frei von Artefakten vorliegen. Als Bonus sind der englische Trailer – anhand des Originaltons aus dem neuen Bildmaster erstellt und auch textless vorliegend – sowie eine umfangreiche Bildergalerie und Trailer zu weiteren Veröffentlichungen des Labels vorhanden. Das vierseitige Booklet mit interessanten Erinnerungen des Produzenten Walter Mirisch und einer Biografie von Hauptdarsteller Joel McCrea rundet das in einem Pappschuber steckende Release ab. Einige Formatierungsfehler im Booklettext sind verschmerzbar, jedoch unnötig.
Für Westernfreunde stellt dieser Film eine Pflichtanschaffung dar, auch Filminteressierte fern des Genres sollten auf jeden Fall mehr als einen Blick riskieren. Man begebe sich also unter das Kommando von Sergeant Vinson, sattele den Player und auf geht’s in die Abgründe menschlichen Tuns – das Tragen einer Affenjacke ist zum Filmgenuss übrigens nicht zwingend erforderlich!
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Fort Massacre, USA 1958, R: Joseph M. Newman, D: Joel McCrea, John Russell, Forrest Tucker, Anthony Caruso, Francis McDonald, Susan Cabot u.a.
Anbieter: Explosive Media