Von Heinz-Jürgen Köhler
„…happy …happy …happy.“ Die Langspielplatte hat einen Sprung. Der Plattenspieler ist inmitten eines hinreißend arrangierten Chaos’ platziert. Teller und Flaschen stehen herum, schlafende Menschen liegen wie hingegossen. Hier hat offenbar ein rauschendes Fest stattgefunden. Willkommen im Glashaus.
André, Jacques, Tristan – selbst für internationale Bohémiens klingen die Namen seltsam, und in der Tat sind sie Zitate. André Breton, der französische Schriftsteller und Theoretiker des Surrealismus, sowie sein tatsächlich früh verstorbener Freund Jacques Vaché verbergen sich dahinter. Und Tristan ist Tristan Tzara, rumänischer Schriftsteller und Begründer des Dadaismus. Nur haben sie sich natürlich in realiter nicht im Berlin der Jetztzeit, sondern im Paris der 1920er-Jahre getroffen. Der Film des australischen Regisseurs Brodie Higgs ist eine Versuchsanordnung. Er versetzt die realen Personen in die Gegenwart und spielt, von wenigen „Ausflügen“ abgesehen, ausschließlich im Fabrikgebäude. Die Protagonisten sprechen Englisch miteinander, die wenigen deutschen Worte stammen hauptsächlich von der Ansage in der U-Bahn.
Durch die Bank großartige junge Darsteller, die – außer Stipe Erceg als Malcom McLaren, Designer und Förderer der Sex Pistols (noch eine reale Person) – allesamt hierzulande unbekannt sind, machen einen großen Reiz des Filmes aus. Außerdem begeistern die großartige Kameraarbeit und vor allem die fabelhafte Ausstattung der Innenräume, die natürlich auch als Seelenlandschaften dieser jungen Suchenden zu lesen sind. Regisseur und Koautor Brodie Higgs ist ein Weltreisender und lebte auch eine Zeitlang in Berlin. Die Idee, die Geschichte hier anzusiedeln, entstand schon vorher. Vor Ort brachte er dann drei Monate damit zu, mit Berliner Künstlern die Location, ein Fabrikgebäude in Mitte, in dem auch die gesamte Produktion und die Proben stattfanden, zu gestalten. Dieser Zeitaufwand hat sich gelohnt. Mit großer Akribie und Detailversessenheit ist ein faszinierender Ort entstanden, in dem sich der Zuschauer bis zum Ende nicht orientieren kann. Eine Ausstattung – und da ist der Film dann wieder ganz bei der Kunst –, die wirkt als sei sie wie die Stillleben in den Gemälden alter Meister komponiert.
Elixir, Deutschland/Australien 2015 | Regie: Brodie Higgs, Buch: Brodie Higgs, Anya Watroba | Mit: Swann Arlaud, Natasha Petrovikji, Sebastian Pawlak, Stipe Erceg, Peter Barron, u.a. | Laufzeit: 116 Minuten, noch kein deutscher Verleih