Im Rausch der Hormone.

Im Vorspann heißt der Film noch SEX UND NOCH NICHT 16, was nach Vorgabe der FSK in „Pünktchen, Pünktchen, Pünktchen“ abgeändert werden musste, um eine Freigabe zu erhalten. Der Titelsong „Sexy und noch nicht sechzehn“ gehört neben „Da schlaf ich lieber mit dem Plüschbär ein“ und „Früher waren wir noch im Garten Eden“ zu einem Programm leicht frivoler Nummern, das die Chansonnière Helen Scheira in einem Nachtclub vorträgt. Helen Vita, damals Ehefrau des Komponisten Walter Baumgartner, der wiederum Onkel des Regisseurs Peter Baumgartner war, steht prominent im Zentrum dieses 1967 entstandenen Frühwerks aus der Produktion Erwin C. Dietrichs und spielt sich recht unverhohlen selbst. Um sie gruppiert ist eine Clique meist junger Leute ebenso wie die letztlich tragischen Schicksale, in die sich diese verstricken. Das Verhängnis ist unausweichlich, als sich der standhafte Student Rolf in die jugendliche Ausreißerin Rosy verliebt (Rosemarie Heinikel in ihrem zweiten Filmauftritt agierte noch unter dem Künstlernamen „Rosy-Rosy“), die eines Tages vor der Tür steht, und der windige Johnny (Peter Capra) eine Chance sieht, an Geld zu kommen. Er führt die naive Rosy einigen betuchten Herren zu und erpresst diese dann mit dem Hinweis auf deren Minderjährigkeit. Das lassen sich nicht alle bieten…

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Mit u.a. SCHWARZER MARKT DER LIEBE (s. Besprechung auf dieser Seite) hatte sich der Schweizer Produzent Dietrich erstmals an einer Reihe preisgünstiger Sex- und Gewaltfilme versucht, die auf Anhieb ebenso erfolgreich eine kommerzielle Nische besetzen konnten wie sie – dank ambitionierter Regisseure – einem innovativen künstlerischen Stil folgten. Wies Ernst Hofbauers SCHWARZER MARKT DER LIEBE noch neoveristische Reminiszenzen auf, so entstammt SEX UND NOCH NICHT 16, der die einzige offizielle Regiearbeit des Kameramanns Baumgartner bleiben sollte, durchaus dem Vorbild der französischen Nouvelle Vague, die auch auf das junge deutschsprachige Kino bleibenden Einfluss hatte. Heraus gekommen ist eine bis heute erstaunliche, improvisierte (musikalische) Tragödie um eine verlorene Jugend, die tatsächlich an Jean-Luc Godards AUSSER ATEM oder auch Nagisa Oshimas NACKTE JUGEND erinnert. Rosy von der Straße und Johnny aus der Gosse, der eben noch der Schuft war und dann zum tragischen Pasolini-Helden wird, sind ebenso Verdammte wie die Protagonisten der Halbstarken-Filme der 50er Jahre. Im Interview mit Uwe Huber (das sich seltsamerweise auf der DVD-Edition von UNRUHIGE TÖCHTER befindet, aber man sollte sich sowieso beide holen) berichtet Baumgartner, dass ihm sehr daran lag, die Schablonen des Sexfilms abzulegen, um etwas künstlerisch Anspruchsvolles zu schaffen. Tatsächlich gelang es ihm, spielerisch zwischen Schlager- und Gewaltfilm, zwischen Ironie, Lakonie und Drastik zu balancieren und zu einem wilden und wuchtvollen Stil zu finden – und überall scheint das Kino selbst auf, wenn sich Elemente einfinden, die aus BLOW UP, LA DOLCE VITA oder IL BIDONE stammen könnten. Dass der Film in Berlin spielt und entstanden ist, verrät allein ein authentischer Besuch des 6-Tage-Rennens; ansonsten bindet ihn das schmale Budget an eine Handvoll Sets und Außenaufnahmen. Das erinnert auf verrückte Weise an frühe Roger-Corman-Produktionen.

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