Freddy und der phobische Rückstand. Von Rudi Specht

Von Rudi Specht

Soviel vorweg: Das wirklich Gruselige an diesem filmischen Machwerk ist, dass dieses Konglomerat aus unmotivierten Darstellern, einem konfusen Drehbuch, nur schwer zu ertragender Synchronarbeit, nerviger Filmmusik und einem unsäglichen Schnitt tatsächlich 92 Minuten andauert. Nach spätestens zwanzig Minuten wird dem Zuschauer bewusst, dass er öfter auf die Uhr respektive das Zählwerk des DVD-Players blickt als auf den Bildschirm und er die Behandlung in der Klinik der Angst lieber gegen den Hausbesuch eines kurzsichtigen Proktologen hätte eintauschen sollen, der aller Wahrscheinlichkeit nach amüsanter ausgefallen wäre, als sich über volle zwölf Runden in diesem Boxring des Schwachsinns auf den Beinen zu halten.

Cover-FEAR Unter Verwendung belangloser Bilder und eines Schnitts, der die Abstrusität des ohnehin zusammenhanglos erscheinenden Drehbuchs nur unterstreicht, wird versucht, die Geschichte von fünf Patienten zu erzählen, die den Amoklauf eines maskierten Schützen in einem amerikanischen Schnellrestaurant überlebt haben und sich daraufhin in die Hände des Arztes Dr. Andover begeben. Dieser behandelt die traumatisierten Personen mithilfe einer so genannten Angstkammer, die sehr an den Orgonakkumulator erinnert, den der Psychiater und Sexualforscher Wilhelm Reich Ende der 1930er Jahre entwickelte. Weil er glaubte, eine Art von biologischer Energie (besagtes Orgon) entdeckt zu haben, die sich mittels dieser Form des Faradayschen Käfigs zu Therapiezwecken isolieren ließe… So isoliert auch Dr. Andover die phobischen Energien der Patienten, nicht ahnend, das er mit dieser Kammer eine Art Portal geschaffen hat, auf dessen anderer Seite ein Geschöpf heranwächst, das sich von der Angst der in der Kammer befindlichen Menschen ernährt. Blake, eines der vermeintlichen Opfer, die den Amoklauf überlebt haben, entpuppt sich schließlich als der damalige Todesschütze und schreitet in der Klinik erneut zu Werke, während Dr. Andover eine schwarze Absonderung entdeckt, die er als “phobischen Rückstand” seiner Patienten identifiziert und die vorzugsweise aus Wunden ebendieser austritt. Aus diesem phobischen Rückstand entsteht schließlich ein lakritzähnliches Angstgeschöpf, das den Arzt in einen seltsam leuchtenden Kokon zieht und sich dann dessen Gesicht auf den fadenförmigen Körper setzt. Sarah, eine weitere Patientin, schließt daraufhin allen traumatisierten Gästen der Klinik die Augen, wodurch diese sterben und das Wesen nicht mehr mit phobischer Energie versorgt werden kann. Das Wesen stirbt und der aus dem Kokon befreite Dr. Andover entscheidet sich, in die Angstkammer zu steigen, um das Portal zu verschließen.

Klingt nicht nur verwirrend, ist es auch. Der amerikanische Regisseur Robert Green Hall hat hier mit einem Budget von 1,1 Millionen US-Dollar ein Werk fabriziert, wie es überflüssiger kaum sein könnte. Der vor allem als Special effects make-up artist bekannte Hall, der mit seiner 1996 gegründeten Produktionsfirma immerhin an 22 Roger-Corman-Filmen beteiligt war, schafft es hier nicht, an den Erfolg der gleichnamigen Webserie anzuknüpfen, auf der dieser durch Crowdfunding finanzierte Film basiert. Neben Robert “Freddy Krueger” Englund, der hier immerhin eine gewisse Präsenz an den Tag zu legen vermag, sollten auch die Schauspielerin Danielle Harris (Bruce Willis’ Tochter aus LAST BOY SCOUT) und unser aller Lieblings-Jason Kane Hodder ihre Rollen aus der Serie wieder aufleben lassen, jedoch zogen sich beide in weiser Voraussicht wieder aus dem Projekt zurück. Das verbleibende Ensemble stapft unmotiviert durch schlecht ausgestattete und ausgeleuchtete Studiobauten und ergeht sich in unerträglich sinnentleerten Dialogen, die durch die deutsche Synchronisation nicht besser werden. Im Gegenteil erachtete das deutsche Studio auch eine minimale Lippensynchronität wohl als nicht unbedingt notwendig, so dass der Zuschauer sich ein ums andere Mal an Dauerwerbesendungen für Fett reduzierende Tischgrills ehemaliger Boxsportler erinnert fühlt, während die Intonation der Sprecher das Gefühl vermittelt, dass hier Mitglieder eines Lesekreises versuchen, möglichst fehlerfrei ihren Text runterzurasseln.

FearClinic3 Die Storyline und der Schnitt sind ein Paradebeispiel für Konfusion. So tauchen Personen sang- und klanglos auf und verschwinden wieder. Oder Handlungsfäden beginnen nur, um dann zu einem unauflöslichen Knäuel zu werden, ähnlich dem Angst fressenden Monstrum… Um Stimmung zu erzeugen, findet die Handlung größtenteils in dunklen Räumen mit spärlicher Beleuchtung statt, während sich auf der Tonspur in zu kurzer Endlosschleife immer und immer wieder derselbe Gewittersound wiederholt, untermalt vom enervierenden Synthesizer-Gewaber des Komponisten Jason M. Hall.

In der gefühlten letzten halben Ewigkeit des Films hat der Techniker der FEAR CLINIC dann Probleme mit dem Stromgenerator, was zur Folge hat, dass die ganze Geschichte nur noch stroboskopisch wahrgenommen werden kann, was nicht nur dem Auge weh tut. Ja, FEAR CLINIC macht Angst körperlich erfahrbar… Die Angst vor jeder weiteren Minute, die man sich dieses Machwerk ansehen muss. Vielleicht macht man dann doch lieber einen Familienausflug zum Zahnarzt.

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Fear Clinic, USA 2014, R: Robert Green Hall, D: Robert Englund, Fiona Dourif, Felisha Terrell, Cleopatra Coleman, Corey Taylor, Kevin Gage, Angelina Armani, Thomas Dekker u.a

Anbieter: Mad Dimension

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