Von Josef Lommer
So richtig in Fahrt kommen will Joe Dantes Horrorkomödie BURYING THE EX nicht, daran ändert auch der urplötzliche Blutdurst der zombifizierten Ex-Freundin nichts. Zwar spitzt sich das Geschehen immer weiter zu, aber für ausschweifende Eskapaden, wie man sie von Dante kennt, bietet das eigentlich abstruse Treiben einfach keinen Platz. Der Geist der Übertreibung ist einer domestizierten – um nicht zu sagen: bodenständigen – Form des Grauens gewichen. Max (Anton Yelchin) ist gerade dabei, seine Freundin Evelyn (Ashley Greene) abzuservieren, als ein heranfahrender Bus ihm die Arbeit abnimmt. Evelyn verunglückt tödlich, doch dank eines verheerenden Treueschwurs, den die beiden unter den funkelnden Augen eines geheimnisvollen Voodoo-Spielzeugs geleistet haben, steigt die verhasste Freundin kurz darauf dem Grabe empor, um das Versprechen einzulösen.
Dante versucht sich immer schon mehr an Intonationen als an Innovationen. Bereits PIRANHA (1978) war ein bloßer, wenngleich wirkungsvoller Epigone im Kielwasser von Spielbergs JAWS (1975). Was man seinem Werk hoch anrechnen, oder auch vorwerfen, kann, sind die geschickte Effektmaximierung samt ihrer Schauwerte und die ungebrochene Lust an der Überschreitung und Überzeichnung, die wie aus einer Lausbubenfantasie anmutet. BURYING THE EX jedoch muss man als regelrecht ideenlos bezeichnen. Selten hat Dante sich so abgegriffener Motive bedient, an denen sich die Erzählung in eher behäbigem Tempo entlanghangelt.
Sympathisieren darf man hier wieder einmal mit den Geeks und Nerds von nebenan. Während Halbbruder Travis (Oliver Cooper) noch in vollen Zügen das süße Leben genießt und damit gleich für eine recht dümmliche Exposition sorgt, ist Max seltsam mittelständisch geworden. Nicht ganz freiwillig versteht sich. Max wird seines Nerdtums schier beraubt, nachdem Evelyn die Oberhand in der Beziehung gewinnt. Den Höhepunkt findet die Vereinnahmung des Partners in der unerlaubten Umgestaltung der Junggesellenwohnung. Doch nicht die unerträglich giftgrüne Wandfarbe treibt Max zu seinem ultimativen Entschluss, sondern die abgehängten italienischen Trashfilm-Plakate, die Evelyn zu allem Übel auch noch mit zahlreichen Falzkanten versieht.
Ein wenig laben darf sich der Genrefreund an den vielen Verweisen, mit denen Dante stets arbeitet. Während sein letzter Film, der etwas unterschätzte THE HOLE (2009), erst implizit und zwischen den Fäden der Erzählung Parallelen zum jugendlichen Abenteuerkino der 1980er aufscheinen lässt, exponiert BURYING THE EX seine Genrebezüge aber wie Schaufensterware. Romero im Mitternachtskino, ein keifender Christopher Lee auf dem Fernsehbildschirm. Fast drollig, weil unverschämt plump mag man diese expliziten Reminiszenzen empfinden, die sich so regelmäßig und bemüht in alle möglichen Bildebenen zwängen. Dass man damit im in seiner Selbstbezüglichkeit geradezu erstickenden Genrekino keinen Blumentopf mehr gewinnt, dürfte Dante nur allzu bewusst sein, weshalb der Film dann auch, anstatt mit Einfallslosigkeit zu irritieren, als eine Art Zugeständnis gesehen werden kann.
Denn vielleicht ist BURYING THE EX einfach nur eine Liebeserklärung des Regisseurs an sein früheres Publikum. Max und Halbbruder Travis sind als eben jene Fanbase zu identifizieren, die sich damals ganz sicher auch sämtliche Joe-Dante-Filme angesehen hätte, wären diese denn Teil der innerdiegetischen Welt. Max ist ein zutiefst liebenswürdiger Endzwanziger, der seine in Kindheitstagen wurzelnde, aus fantastischer Fiktion zusammengeschusterte Lebenswelt zu verteidigen hat. Das Dilemma ist sodann nicht nur ein zwischenmenschliches, sondern ein zutiefst persönliches. Er muss erkunden, wie weit seine individuelle Bereitschaft für eine Partnerschaft geht, die die Eigenschaften einer nervtötenden, hippen Nach-2000er-Kultur verkörpert. Hoffnungslos entgleitet dem alternden Geek die Heimeligkeit seines Kosmos, in dem er sich einst in Sicherheit wiegte. An der Tagesordnung stehen nun vegane Ernährung und ökologisches Bewusstsein, aufoktroyiert von einem popkulturfeindlichen Menschentypus, der nicht empfänglich ist für die verruchten Freuden des Absurden und einer übermäßigen weltverbesserischen Raison verhaftet ist. Dass Evelyn zur Untoten mutiert, die mit fieser Fratze diese Werte karikieren darf, ist freilich die allzu simple Ironie dieses Films.
Dantes orgiastische Zerstörungswut in GREMLINS (1984 – 1990) und die grimmige Hinterlistigkeit aus THE BURBS (1989) ist einer gelassenen Genügsamkeit gewichen, die sich aber – mit ein wenig Wohlwollen versteht sich – ebenso wenig als Lustlosigkeit abtun lässt wie als Alterslahmheit. Es ist, als hätte Joe Dante wie ein greiser, weißbärtiger Geschichtenerzähler auf einem barocken Sessel vor dem Kamin Platz genommen, um aus seinem großen Buch zu erzählen. Und wie die davor kauernden Kinder lauschen wir ihm. Manchmal fallen uns dabei fast die Äuglein zu. Aber irgendwie war es doch ganz schön.
Erschienen auf Critic.de
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Burying the Ex, USA 2015, Regie: Joe Dante, Mit: Anton Yelchin, Ashley Greene, Alexandra Daddario, Oliver Cooper, u.a.
Anbieter: Koch Media