Die Neunzehnhundertachtziger Jahre waren ein Jahrzehnt der brillanten Gangsterfilme. Neben Brian de Palmas Meisterwerk SCARFACE entstand mit Sergio Leones ONCE UPON A TIME IN AMERICA einer der besten Filme aller Zeiten. Im Gegensatz zu diesen Klassikern hat John Mackenzies 1980 veröffentlichter THE LONG GOOD FRIDAY einen weniger epischen Ansatz, verzichtet auf die Historie seines Protagonisten und konzentriert sich auf eine nur wenige Tage kurze Zeitspanne. Der Karfreitag kommt darin vor. Wo der deutsche Verleih allerdings den Zusammenhang zu „Rififi“ sah, wird sein ewiges Geheimnis bleiben.
In der Londoner Unterwelt geschieht nichts ohne Harold Shands Zustimmung. Er ist das Alphatier, das die Fäden zieht und die Aktivitäten seiner Partner kontrolliert. Shand steht kurz vor dem Abschluss seines größten Geschäfts, dass ihm die Macht über den Londoner Hafen sichern soll. Doch gerade als sich die wichtigen Geschäftspartner aus der amerikanischen Mafia in England einfinden, beginnt eine Anschlagserie. Harold muss nicht nur um sein Leben fürchten, sondern auch versuchen, die amerikanischen Investoren nicht zu verschrecken. Die Zeit drängt, und er ist in der Wahl der Mittel nicht gerade zimperlich, wenn es darum geht, seine Machtposition zu behaupten und die Hintermänner hinter den Attentaten zu finden. Bob Hoskins in der Rolle des Unterweltbosses ist beängstigend glaubwürdig – ein Machtmensch zwischen brutaler Arroganz und nervöser Verzweiflung – immer kurz davor zu explodieren. Helen Mirren liefert nicht nur eine überzeugende Darstellung als Harolds Frau, sondern darüber hinaus einen für die Zeit überraschend starken und aktiv in das Geschehen eingreifenden Frauencharakter.
John Mackenzies Film ist schon durch seine politischen Konnotationen ein Kind seiner Zeit. Bob Hoskins Charakter ist der personifizierte Thatcherismus: Patriotisch und kapitalistisch bis zur Unmenschlichkeit. Dass er schließlich Opfer der politischen Situation seiner Zeit wird und mit Terroristen der IRA aneinandergerät, mutet da fast schon an wie ein ironischer Kommentar. Das politisch aufgeladene Thema war für die ursprüngliche Produktionsfirma von einer derartigen Brisanz, dass man den Film in einer stark veränderten Version nur im Fernsehen veröffentlichen wollte. Ex-Beatle George Harrison und seiner Firma Handmade Films, die den Film kauften, ist es zu verdanken, das THE LONG GOOD FRIDAY dann doch noch in seiner ursprünglichen Fassung in die Kinos gelangte. Dort avancierte er zum Publikumshit und ist auch heute noch ganz oben in den Ranglisten der besten britischen Filme zu finden. Wenn man bedenkt, dass der Film über 30 Jahre auf dem Buckel hat, ist er erstaunlich wenig gealtert und gerade auch im Hinblick auf den extremen Kapitalismus in den Städten – Gentrifizierung und Immobilienwahn – durchaus von Aktualität.
Die vorliegende Blu-ray weiß durch ein sehr gutes Bild, das auch dem Filmkorn Rechnung trägt, zu begeistern. Deutscher und englischer Ton sind tadellos, und der englische Audiokommentar des 2011 verstorbenen Mackenzie ist sehr informativ und sogar mit deutschen Untertiteln versehen – ebenso wie die schöne, einstündige Dokumentation über die Entstehung des Films, in der sich die Protagonisten an alte Zeiten erinnern. In dem 2006 entstandenen Interviewfilm kommt auch Helen Mirren zu Wort, die nach all den Jahren immer noch atemberaubend aussieht. Abgerundet wird das gelungene Paket von Subkultur durch einen isolierten Musik- und Effekttrack mit Francis Monkmans großartiger Musik und ein informatives Booklet. Eindeutig ein Werk der Liebe – eine keine Wünsche offenlassende Edition eines ebenso tollen wie empfehlenswerten Klassikers.
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The Long Good Friday, GB 1980, R: John Mackenzie, D: Bob Hoskins, Helen Mirren, Dave King, Bryan Marshall, Derek Thompson, Eddie Constantine u.v.a.
Anbieter: Subkultur